D Im Brunnen
Unten tief im Brunnen sitzend,
habe ich dich gleich erkannt:
als du mir, der ängstlich schwitzte,
ob er nackt und hungrig sitzen
05 bleiben müsse, warfst herab das Festgewand.
Unten tief im Brunnen sitzend,
habe ich dich gleich erkannt:
als du mir mit Seidenlitzen
und mit Steinen, die im Dunkel plötzlich blitzen,
10 warfst herab ein Festgewand.
Soll ich aus dem Schlamm und Sand
mit dem Festgewand dir steigen?
Lass mich als mein Herr und Herrscher
hier im Brunnen unten bleiben:
15 Wenn ich aus dem Brunnen stiege,
↔ dann ↑wie↑ bliebe, das du mir herabgesandt,
heil und ganz dein Festgewand?
Wirf mir lieber Brot und Schinken
in den Grund, wo still ich sitze
20 und mich freu am seltnen Blinken
deiner Steine deiner Seide,
doch seit Stunden hungrig sitze. //
D Im Brunnen 2
Unten tief im Brunnen sitzend,
habe ich dich gleich erkannt:
25 als du mir, der nackt vor Ängsten schwitzte,
warfst herab das Festgewand,
warfst herab dann auch die Speise Speise
und zuletzt zur Kletterreise
warfst herab die leichte Leiter:
30 aber diesen Aufwärtsleiter
will ich nicht, Nach eigner Weise
will ich Brunnenherscher sein.
Schon am eitlen Festgewand,
das du mir herabgesandt,
35 habe ich dich gleich erkannt.
Unten tief im Brunnen sitzend
wink ich dir und lache dir:
Bleib allein im trocknen Land.
22.6.55