Donnerstag, 29 September 1955

Die Wespen (A)

Zu lang setzte die Wespe sich der Versuchung auf dem Rand der
Kaffeetasse aus,
als dass sie nicht schliesslich hätte darin umkommen müssen:
hinabstürzen in die dunkle und süsse Brühe und wollüstig verzweifelt
die Beine und Flügel darin umrührend verenden.
Die andere Wespe schaut vom Mund der Coca-Cola Flasche hinab,
05 die ich, bin ich doch durstig, eben bestellte: denn den Kaffee, worin
die sterbende schwimmt, kann ich nicht trinken, kaum anschaun,
ohne dass Zweifel mich martern: soll ich sie retten?
und erwägt das Schicksal der Schwester, ob es mehr Lockung oder
mehr Warnung sei:

Wie das gelbe Flugzeug, das dem einzigen Schiff, das durch den
gläsernen Sturm lustfährt, hinten aufhockt
und noch nicht weiss, ob es in die Sonnenmilch stürzen soll,
10 die in die Meerenge herabtropft und sie mit Schaum füllt,
sodass das Wasser die Klippen emporflieht<,> doch mit verletzten
Knien zurücksinkt,
Odysseus, wenn die einsame Dame ausharrt und dem Schiff durch
die Klippen den Weg weist.

Doch Platon hat keine Augen für die sterbende Wespe im Kaffee
und für die, die am Mund der Flasche zaudert,
obwohl ich direkt am Sklavenmarkt sitze,
15 auch kaum einen Blick für das Schiff des attischen Reeders, // 02
das allein sein gelbes Flugzeug über die Sturmmilch hinweg trägt,
denkt er doch mitten im Handel, wenn ihn ein Fuhrhalter auf seine
Muskeln befühlt – was ist ihm schon das Leibhaus? –
und misstrauisch wegen des weltüberspringenden Blicks zum
Ärger des spartanischen Händlers stehen lässt,
an die Tafelgespräche in Syrakus und an die Nachtgänge mit Dion.
20 Und als Amnikeris kommt und ihn auslöst, lässt er sich willenlos
führen.
Auch meine Wespe im Kaffee bewegt sich nicht mehr, ihre
Schwester flog weg, ich rufe dem Kellner zum Zahlen.


Blatt 01 (A-5-c_11_134.jpg)

A Die Wespen

Zu lang setzte die Wespe sich der Versuchung auf dem Rand der Kaffeetasse aus,

als dass sie nicht schliesslich hätte darin umkommen müssen darin umkommen

müssen:

hinabstürzen in die dunkle und süsse Brühe und wollüstig verzweifelt

die Beine und Flügel darin umrührend verenden.

Die andere Wespe schaut hinunter vom Mund der Coca-Cola Flasche hinab,

05 die ich, bin ich doch durstig, eben bestellte: denn den Kaffee, worin die sterbende

schwimmt, kann ich nicht trinken, kaum anschaun,

ohne dass Skrupel m¿ Zweifel mich martern: soll ich sie retten?

und erwägt das Schicksal der Schwester, ob es mehr Lockung oder mehr Warnung

sei:

Wie das gelbe Flugzeug, das dem einzigen Schiff, das durch den blendenden

gläsernen Sturm f lustfährt, hinten aufhockt

und noch nicht weiss, ob es in die Sonnenmilch , die in die Meerenge stürzen soll,

10 die in die Meerenge herabtropft und sie mit Schaum füllt,

sodass das Wasser die Klippen emporstürztflieh doch
sodass das Wasser die Klippen emporstürztflieht und mit verletzten

Knien zurücksinkt,

Odysseus, wo die wenn die einsame Dame ausharrt und dem Schiff

den Ausweg duch die Klippen den Weg weist.

Doch Platon hat keine Augen für die sterbende Wespe im Kaffee und

für die, die zaudert am Mund der Flasche zaudert,

obwohl ich dicht nedirekt
obwohl ich dicht neben ihm am Platz sitze Sklavenmarkt sitze,

15 auch nicht Auge kaum einen Blick für das Schiff des Reeders, attischen Reeders, //

Blatt 02 (A-5-c_11_135.jpg)

A Die Wespen 2

das allein sein gelbes Flugzeug durch die hin über die Sturmmilch

hinweg trägt,

denkt er doch mitten im Handel, wenn ihmn ein Fuhrhalter auf seine Muskeln

befühlt – was ist ihm schon das Leibhaus? –

und ärgerlich über den misstrauisch wegen des weltüberspringenden Blicks

zum Ärger des spartanischen Händlers stehen lässt,

anTafel
an die  Ggespräche in Syrakus und an die Nachtgänge mit Dion.

20 Und als Amnikeris kommt und ihn auslöst, lässt er sich willenlos

führen.

Auch meine Wespe im Kaffee bewegt sich nicht mehr, ihre Schwester

flog weg, ich rufe dem Kellner zum Zahlen.

29.9.55

 

  • Besonderes:

    Verso: Typoskripte (Sebastian Franck, S. 127, 128)

  • Letzter Druck: Die verwandelten Schiffe 1957
  • Textart: Verse
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Strophen: ja
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: A-5-c/11_017
  • Seite / Blatt: 01, 02

Inhalt: 135 Manuskripte und 21 Typoskripte zu 24 Gedichten (keine Endfassung)
Datierung: 14.11.1954 – 21.11.1955
Textträger: 200 Einzelblätter (A4-Format); v.a. durchscheinende Makulatur von Dissertation und Gedichttyposkripten
Umfang: 25 Dossiers, 213 beschriebene Seiten
Publikation: Die verwandelten Schiffe (12 Gedichte), GEDICHTE (1 Gedicht), Verstreutes (2)
Signatur: A-5-c/11 (Schachtel 36)
Herkunft: Nr. 1-15: braune Mappe EG 55 I; Nr. 16-25: rote Mappe EG 55 II

Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften

Weitere Fassungen

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