Montag, 12 Dezember 1955

Das inwendige Licht (F)

„Das inwendige Licht, das Gott selbst in uns anzündet, 
kann durch die sinnliche Erfahrung der Welt geweckt werden“, 
geweckt durch den Lampenladen der Vorstadtstrasse, 
wenn er mir schon von weitem auf dem Weg durch die Gärten
entgegenbleckt; 
05 diese grellste Goldfüllung in der Reihe der vielen, 
die unten ins Gebiss aus altmodischen Villen eingesetzt sind, 
vermag das summende Bienenkorblicht der alten Gaslampe zu wecken. 

Das hindert mich nicht, die Verkäuferin anzubrummen, 
weil sie mir keine hohen roten Schirme für meine Wandlampen 
verkaufen kann, 
10 sondern nur niedrige aus gelbem Ölpapier mit grünen Zierstreifen 
und Goldrand, 
wie sie nachgerade auch Hinz und Kunz haben. 

Ihre Entschuldigung erstickt unter der Donnerlawine der Hochbahn, 
die mich, wäre es nicht schon sechs Uhr, ins Zentrum brächte, 
wo man alle Arten von Schirmen findet, 
15 sogar solche, aus denen das inwendige Licht durch wohlverteilte 
Sternlöcher leuchtet. // 14

Dafür zertrümmert mein Löffel, 
wenn ich resigniert im Bahnhofbuffet die Milch umrühre, 
zugleich mit der Haut aus Versehen das Glasdach des Bahnsteigs, 
wo eben Tamino von den Treppen und aus dem Pissoir Hunde und 
Katzen 
20 und blinde Greise mit schwarzäugigen gelben Armbinden anlockt 
und mit den Funken der Flöte allen ihr inwendig dösendes Licht weckt.


Blatt 13 (A-5-c_11_184.jpg)

F Das inwendige Licht

I „Das inwendige Licht, das Gott selbst in uns anzündet,

kann durch die sinnliche Erfahrung der Welt geweckt werden“,

geweckt durch den Lampenladen an der Vorstadtstrasse,

wenn er mir von schon von weitem auf dem Weg durch die Gärten

\ entgegenbleckt;

05 diese grellste Goldfüllung in der Reihe der vielen,

die unten ins Gebissaus
die unten ins Gebiss  altmodischern Villen eingesetzt sind,

vermag deras summende Bienenkorblicht der alten Gaslampe zu wecken.

II Das hindert mich nicht, die Verkäuferin anzubrummen,

weil sie mir keine hohen roten Schirme für meine Wandlampen

verkaufen kann,

10 sondern nur niedrige aus gelbem Ölpapier mit grünen Zierstreifen

und Goldrand,

wie sie nachgerade auch Hinz und Kunz haben. 

III Ihre Entschuldigung erstickt unter der Donnerlawine der Hochbahn,

die mich, wäre es nicht schon sechs Uhr, ins Zentrum brächte,

wo man alle Arten von Schirmen findet,

15 sogar solche, aus denen das inwendige Licht durch wohlverteilte

Sternlöcher leuchtet. //

Blatt 14 (A-5-c_11_185.jpg)

F Das inwendige Licht 2

IV Dafür zertrümmert mein Löffel,

wenn d ich resigniert im Bahnhofbuffet die mMilch umrühre,

zugleich mit der Haut aus Versehen das Glasdach des Bahnsteigs,

wo eben Tamino von den Treppen und aus dem Pissoir Hunde und

Katzen

20 und blinde Greise mit schwarzäugigen gelben Armbinden anlockt

und mit den Funken der Flöte allen ihr inwendig dösendes Licht weckt.

112.12.55

 

  • Besonderes:

    alR Strophennumerierung I-IV
    Verso: Typoskripet (Der Engel im Busch, S. 12, 1), durchgestrichen

  • Letzter Druck: Die verwandelten Schiffe 1957
  • Textart: Verse
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Strophen: ja
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: A-5-c/11_021
  • Seite / Blatt: 13, 14

Inhalt: 135 Manuskripte und 21 Typoskripte zu 24 Gedichten (keine Endfassung)
Datierung: 14.11.1954 – 21.11.1955
Textträger: 200 Einzelblätter (A4-Format); v.a. durchscheinende Makulatur von Dissertation und Gedichttyposkripten
Umfang: 25 Dossiers, 213 beschriebene Seiten
Publikation: Die verwandelten Schiffe (12 Gedichte), GEDICHTE (1 Gedicht), Verstreutes (2)
Signatur: A-5-c/11 (Schachtel 36)
Herkunft: Nr. 1-15: braune Mappe EG 55 I; Nr. 16-25: rote Mappe EG 55 II

Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften

Weitere Fassungen

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