Manuskripte 1955
Inhalt: 135 Manuskripte und 21 Typoskripte zu 24 Gedichten (keine Endfassung)
Datierung: 14.11.1954 – 21.11.1955
Textträger: 200 Einzelblätter (A4-Format); v.a. durchscheinende Makulatur von Dissertation und Gedichttyposkripten
Umfang: 25 Dossiers, 213 beschriebene Seiten
Publikation: Die verwandelten Schiffe (12 Gedichte), GEDICHTE (1 Gedicht), Verstreutes (2)
Signatur: A-5-c/11 (Schachtel 36)
Herkunft: Nr. 1-15: braune Mappe EG 55 I; Nr. 16-25: rote Mappe EG 55 II
Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften
Es dunkelt schon in der Heide, nach Hause lasst uns gehn:
Auf der endlich geräumten Stelle,
wo die mürrischen Mönche
den ganzen Tag um den gekräuselten Kiesplatz
05 sassen und in einem Feldstein mitten darin
die Welt, die schwimmt im Allmeer
zu sehen vermeinten,
pisst der Torhund. // 01v
Zu Frankfurt auf der Brücke, da liegt ein tiefer Schnee:
10 als der Schnee
sachte den Kiesplatz, das Weltmeer der Mönche,
zuzudecken begann und zwischen ihren gebeugten
Hals und den Kragen unangenehm feucht hinabfiel,
rückte einer die Schulter und warf
15 den Kopf zurück, sodass der
Meister ihn mit der Rute
schlug über den kahlgeschorenen Schädel.
Der Schmerz der ist zergangen, das Wasser fliesst dahin:
endlich, als es dunkel geworden,
20 und ihr Gesäss schon ganz nass war vom Pflotsch,
und man nichts mehr sah vom am Morgen
sorgfältig gekräuselten Kies,
gingen sie,
mit von der langen Kontemplation steifem Genick
25 und mit rheumaschmerzenden Gliedern
zurück in die Zellen.
Kommst du mir aus den Augen, kommst mir nicht aus
dem Sinn:
Auf seiner von den mürrischen Herren
endlich geräumten Stelle
30 pisst nun und verrichtet
das grosse Geschäft würdig gesammelt
der grosse Torhund.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1955
- Besonderes: Blatt beidseitig beschrieben
- Letzter Druck: Verstreutes
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/11_001
- Seite / Blatt: 01r/v
Auf der geräumten Stelle
pisst der Hund,
wenn die mürrischen Herren gingen endlich hinein.
Den ganzen Tag sassen die Mönche
05 auf dem Kiesplatz, den der Bruder am Morgen
mit Sorgfalt gekräuselt
und meinten in dem Feldstein mitten darin
die Welt anzuschauen, die im Meer des All schwimmt.
Doch als es zu schneien begann,
10 und ihnen die Flocken
am Hals schmolzen unterm Kragen,
drehte einer den Kopf und rieb am
Kragen den Hals
und schüttelte den Schnee von der Kutte.
15 Der Meister zwar schlug ihm die Rute
über den geschorenen Schädel.
Doch wars schon, inzwischen, zu spät,
und alle gingen,
über den Verräter betrübt, // 02
20 am tautriefenden Feldstein vorbei,
an dem noch des einen klatschnasse Kutte
hängen blieb
hinein in die Zellen,
mit steifem Genick
25 und rheumaschmerzenden Gliedern.
Am Feldstein aber,
auf dem endlich geräumten Platz
pisst und verrichtet der Torhund,
würdig gesammelt, jetzt sein grosses Geschäft.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1955
- Details: ¿
- Besonderes:
Fortsetzung von Nr. 1
Verso: Typoskripte (Die Sirenen), durchgestrichen - Letzter Druck: Verstreutes
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/11_002
- Seite / Blatt: 01, 02
Wenn die mürrischen Herren
endlich hinein gingen,
pisst auf der geräumten Stelle der Torhund.
Die Mönche sassen den ganzen Tag
05 auf dem Kiesplatz, den der Bruder
am Morgen mit Sorgfalt gekräuselt hatte
und meinten, im Feldstein mitten darin
die Welt anzuschauen, die im Meer des Alls schwimmt.
Doch als es zu schneien begann
10 und ihnen die Flocken
schmolzen am Hals unterm Kragen,
drehte einer den Kopf und rieb am
Kragen den Hals.
Der Meister zwar schlug ihm die Rute
15 über den geschorenen Schädel.
Doch war es inzwischen spät,
und alle gingen,
der Regel folgend, über
den Verräter betrübt, den Kiesplatz querend,
20 sodass des einen klatschnasse Kutte,
am Feldstein, der von Tau troff, // 04
hängen blieb, hinein in die Zellen,
mit steifem Genick und
rheumaschmerzenden Gliedern.
25 Am Feldstein aber
auf dem endlich geräumten Platz
pisst der Torhund und verrichtet,
würdig gesammelt, jetzt sein grosses Geschäft.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1955
- Besonderes: Verso: Typoskripte (Die Sirenen), durchgestrichen
- Letzter Druck: Verstreutes
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/11_002
- Seite / Blatt: 03, 04
Auf der geräumten Stelle
pisst der Torhund.
Die mürrischen Mönche
sassen den ganzen Tag auf dem
05 sorgfältig gekräuselten Kiesplatz
und sahen auf den Feldstein, die Welt,
die im Allmeer schwimmt:
und jetzt pisst hier der Torhund.
Als es am Abend zu schneien begann,
10 drehte einer den Kopf und
rieb am Kragen den Hals,
sodass der Meister ihm die Rute schlug
über den geschorenen Schädel:
und jetzt pisst hier der Torhund.
15 Inzwischen wars dunkel,
und alle gingen über den Kiesplatz
mit steifem Genick und rheuma
schmerzenden Gliedern
zurück in die Zellen:
20 Am Feldstein aber
auf der endlich geräumten
Stelle, pisst der Torhund
und verrichtet, würdig gesammelt,
jetzt sein grosses Geschäft.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1955
- Besonderes: Verso: Typoskript↑ (Sebastian Franck, S. 113)
- Letzter Druck: Verstreutes
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/11_002
- Seite / Blatt: 05
Auf den geräumten Kiesplatz
pisst der Torhund.
Die mürrischen Mönche
sitzen den ganzen Tag auf dem
05 sorgfältig gekräuselten Kiesplatz
und sehn auf den Feldstein, die Welt,
die mitten im All schwimmt.
Doch jetzt pisst hier der Torhund.
Als es am Abend zu schneien beginnt,
10 dreht einer den Kopf und
reibt am Kragen den Hals,
sodass der Meister ihn mit dem Rohr schlägt
auf den geschorenen Schädel:
Doch jetzt pisst hier der Torhund.
15 Inzwischen ists dunkel, und alle
gehen über den Kiesplatz
mit steifem Genick und
rheumaschmerzenden Gliedern
zurück in die Zellen:
20 Und jetzt pisst hier der Torhund. // 07
Am Feldstein auf dem
endlich von den mürrischen Mönchen geräumten
Kiesplatz verrichtet, würdig gesammelt,
sein grosses Geschäft und pisst jetzt der Torhund.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1955
- Besonderes: Verso: Typoskripte↑ (Sebastian Franck, S. 112, 111)
- Letzter Druck: Verstreutes
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/11_002
- Seite / Blatt: 06, 07
Auf dem leeren Kiesplatz
pisst der Torhund.
Die mürrischen Mönche
sassen den ganzen Tag auf dem
05 sorgfältig gekräuselten Kiesplatz
und sahn auf den Feldstein, als auf die Welt<,>
die mitten im All schwimmt<:>
Doch jetzt pisst hier der Torhund.
Als es am Abend zu schneien begann,
10 drehte einer den Kopf und
rieb am Kragen den Hals,
sodass der Meister ihn mit demRohr schlug
auf den geschorenen Schädel:
Doch jetzt pisst hier der Torhund.
15 Inzwischen wards dunkel, und alle
schlurften über den Kiesplatz
mit steifem Genick und
rheumaschmerzenden Gliedern
zurück in die Zellen:
20 Und jetzt pisst hier der Torhund.
Am Feldstein auf dem
endlich von den mürrischen Mönchen geräumten
Kiesplatz verrichtet, würdig gesammelt,
sein grosses Geschäft und pisst jetzt der Torhund.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1955
- Details: V. 07 Emendation: der → die
- Besonderes: Verso: Typoskript (Beim Anzünden der Zigarette), durchgestrichen
- Letzter Druck: Verstreutes
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/11_002
- Seite / Blatt: 07
Die Flügel und die zerstreuten
Federblätter des im Herbst entblätterten Frühlings,
liegen unter dem schwarzen
Ameisenschnee ihres Winters,
05 der auch dies flache Bild auf dem Boden,
das der unfreiwillige, schnelle
Maler, das Rad des Autos,
bildete aus dem Stoff und der Farbe des Vorbilds,
noch auflöste, wenn nicht
10 das ausgeworfene Blicknetz des Knaben,
der am Wegrand blinzelnd steht
und einen, aus Langeweile, zu früh
abgerissenen Apfel mit verzognem Gesicht kaut,
zöge das Bild hinein in den Teich seiner Augen,
15 wo es schaukelt her und hin auf der Fläche,
bis es absinkt und auf dem Grund bleibt, bereit
für den Traum und die gewittrige Stunde,
die es von neuem heraufspült
dem Knaben, der noch blinzelt und kaut
20 schmatzend den frühreifen,
gestohlenen Apfel.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1955
- Besonderes: Verso: Typoskript (Die Sirenen, Bl. 2), durchgestrichen
- Letzter Druck: GEDICHTE 1960
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/11_003
- Seite / Blatt: 01
- Werke / Chronos: Dieses enorme Gedicht, 104
Die Flügel und die zerstreuten
Federblätter des im Herbst entblätterten Frühlings
liegen unter dem schwarzen
Ameisenschnee ihres Winters,
05 der auch dies flache Bild auf dem Boden –
gebildet vom schnellen Maler,
dem Rad des Autos, aus dem Stoff
und der Farbe des Vorbilds –
noch auflöste, wenn nicht das
10 ausgeworfene Blicknetz des Knaben, am Wegrand
zöge das Bild hinein in den Teich seiner Augen,
wo es auf der Fläche hin und her schaukelt,
bis es absinkt und auf dem Grund bleibt, bereit
für den Traum und die gewittrige Stunde,
15 die es von neuem heraufspült
dem, der jetzt noch blinzelt und den
frühreifen, vom Baum gestohlenen
Apfel schmatzend kaut.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1955
- Besonderes: Verso: Typoskript↑ (Sebastian Franck, S. 119)
- Letzter Druck: GEDICHTE 1960
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/11_003
- Seite / Blatt: 02
Die Flügel und die zerstreuten
Federblätter des Frühlings
liegen unter dem schwarzen
Ameisenschnee ihres Winters,
05 der auch dies flache Bild auf dem Boden –
gebildet vom schnellen Maler,
dem Rad des Autos, aus dem Stoff
und der Farbe des Vorbilds –
noch auflöste, wenn nicht das
10 ausgeworfene Blicknetz des Knaben am Wegrand
das Bild zöge hinein in den Teich der Augen,
dessen, der jetzt noch blinzelt und den
frühreifen, vom Baum gestohlenen Apfel
schmatzend kaut, fern dem
15 Traum und der gewittrigen Stunde,
die vom Grund, wo es bleibt,
nachdem es auf der Fläche hin
und her schaukelte und endlich hinab
gesunken war, von neuem schrecklich,
20 schwarzüberwimmelt heraufspült.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1955
- Besonderes: Typoskript↑ (Sebastian Franck, S. 119)
- Letzter Druck: GEDICHTE 1960
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/11_003
- Seite / Blatt: 03
Die Flügel und die zerstreuten
Federblätter des Frühlings
liegen unter dem schwarzen
Ameisenschnee ihres Winters,
05 der auch dies flache Bild auf dem Boden
– gebildet vom schnellen Herbstrad des Autos
aus dem Stoff und der Farbe des Vorbilds –
noch auflöste, wenn nicht das
ausgeworfene Blicknetz des Knaben am Wegrand
10 es hineinzöge in den Teich der Augen
dessen, der jetzt noch blinzelt und den
frühreifen, vom Baum gestohlenen
Apfel schmatzend kaut, fern dem
Traum und dem gewittrigen Sommer,
15 der es vom Grund, wo es bleibt,
nachdem es auf der Fläche hin
und her schaukelte und endlich hinab
gesunken war, von neuem schrecklich
schwarz überwimmelt heraufspült.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1955
- Besonderes: Verso: Typoskript↑ (Sebastian Franck, S. 114)
- Letzter Druck: GEDICHTE 1960
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/11_003
- Seite / Blatt: 04
Der Flügelfrühling und die zerstreuten
Federblätter liegen unter dem schwarzen
Ameisenschnee ihres Winters,
der auch dies flache Bild auf dem Boden,
05 – gebildet vom schnellen Herbstrad des Autos,
aus dem Stoff und der Farbe des Vorbilds –
noch schmölze, wenn nicht das
vom Rand der Strasse ausgeworfene Blicknetz des Knaben
es zöge in den Teich der Augen hinein,
10 die jetzt noch blinzeln über dem
Schmatzen, dem Kauen des frühreifen
Apfels, fern dem Traum und dem
gewittrigen Sommer, der es vom Grund, wo es bleibt,
nachdem es auf der Fläche hin
15 und her schaukelte und endlich hinab
gesunken war, von neuem schrecklich
schwarz überwimmelt heraufspült.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1955
- Besonderes:
Fortsetzung 27.12.1954
Verso: Typoskript↑ (Sebastian Franck, S.104) - Letzter Druck: GEDICHTE 1960
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/11_003
- Seite / Blatt: 05
Der Flügelfrühling und die zerstreuten
Federblätter liegen unter dem schwarzen
Ameisenschnee ihres Winters,
der auch dies flache Bild auf dem Boden
05 – vom schnellen Herbstrad des Autos
gebildet aus dem Stoff und der Farbe des Vorbilds –
noch schmölze, wenn nicht das vom Rand der Strasse
ausgeworfene Blicknetz des Knaben
es in den Teich der Augen zöge hinein,
10 die jetzt noch blinzeln über dem
Schmatzen, dem Kauen des frühreifen
Apfels, fern dem Traum und dem
gewittrigen Sommer, der es vom Grund, wo es bleibt,
nachdem es auf der Fläche hin
15 und her geschaukelt worden und endlich hinab
gesunken war, von neuem deutlich und
schwarz überwimmelt heraufspült.
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1955
- Besonderes: Verso: Typoskript↑ (Sebastian Franck, S.141)
- Letzter Druck: GEDICHTE 1960
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/11_003
- Seite / Blatt: 06