Datiert: 1955

Das inwendige Licht (Variationen über ein Thema von Leibniz) (H)

"Das inwendige Licht, das Gott selbst in uns anzündet,
kann durch die sinnliche Erfahrung der Welt geweckt werden", 
geweckt durch den Lampenladen an der Ladenstrasse der Vorstadt, 
der mir schon von weitem entgegenbleckt auf den Weg durch die Gärten: 
05 diese grellste Goldfüllung in der Reihe der vielen, 
die ins Gebiss aus altmodischen Villen unten eingesetzt sind, 
vermag das summende Bienenkorblicht der alten Gaslampe zu wecken. 

Das hindert mich nicht, die Verkäuferin anzubrummen, 
weil sie mir für meine Wandlampe keine hohen roten Schirme verkaufen kann, 
10 sondern nur niedrige aus gelbem Oelpapier mit grünen Zierstreifen und
Goldrand, 
wie sie nachgerade auch Hinz und Kunz haben. 

Ihre Entschuldigung erstickt unter der Donnerlawine der Hochbahn, 
die mich, wäre es nicht schon sechs Uhr, ins Zentrum brächte, 
wo man alle Arten von Schirmen findet, 
15 sogar solche, aus denen das inwendige Licht durch wohlverteilte Sternlöcher 
leuchtet. 

Dafür zertrümmert mein Löffel, 
wenn ich resigniert im Bahnhofbuffet die Milch umrühre, 
zugleich mit der Haut aus Versehen das Glasdach des Bahnsteigs, 
wo eben Tamino von den Treppen und aus den Pissoirs 
20 die Katzen und die Hunde mit ihren blinden Greisen anlockt 
und mit den Funken der Flöte allen ihr inwendig dösendes Licht weckt.


Blatt 16 (A-5-c_11_187.jpg)

H Das inwendige Licht (Variationen über ein Thema von Leibniz)

"Das inwendige Licht, das Gott selbst in uns anzündet,

kann durch die sinnliche Erfahrung der Welt geweckt werden",

geweckt durch den Lampenladen an der GelLaden
geweckt durch den Lampenladen an der Geschäftsstrasse der Vorstadt,

der mir schon von weitem entgegenbleckt auf den Weg durch die Gärten:

05 diese grellste Goldfüllung in der Reihe der vielen,

die ins Gebiss aus altmodischen Villen unten eingesetzt sind,

vermag das summende Bienenkorblicht der alten Gaslampe zu wecken. 

Das hindert mich nicht, die Verkäuferin anzubrummen,

weil sie mir für meine Wandlampe keine hohen roten Schirme verkaufen

kann,

10 sondern nur niedrige aus gelbem Oelpapier mit grünen Zierstreifen

und Goldrand,

wie sie nachgerade auch Hinz und Kunz haben. 

Ihre Entschuldigung erstickt unter der Donnerlawine der Hochbahn,

die mich, wäre es nicht schon sechs Uhr, ins Zentrum brächte,

wo man alle Arten von Schirmen findet,

15 sogar solche, aus denen das inwendige Licht durch wohlverteilte

Sternlöcher leuchtet. 

Dafür zertrümmert mein Löffel,

wenn ich resigniert im Bahnhofbuffet die Milch umrühre,

↔ aus Versehen ↑zugleich mit der Haut↑ das Glasdach des Bahnsteigs,

wo eben Tamino von den Treppen und aus den Pissoirs / die Katzen

20 und die Hunde mit ihren x blinden Greisen anlockt

und mit den Funken der Flöte allen ihr inwendig dösendes Licht weckt.

1955

 

  • Besonderes:

    Typoskript mit Beistiftkorrekturen

  • Letzter Druck: Die verwandelten Schiffe 1957
  • Textart: Verse
  • Datierung: Jahresangabe
  • Strophen: ja
  • Schreibzeug: Schreibmaschine
  • Signatur: A-5-c/11_021
  • Seite / Blatt: 16

Inhalt: 135 Manuskripte und 21 Typoskripte zu 24 Gedichten (keine Endfassung)
Datierung: 14.11.1954 – 21.11.1955
Textträger: 200 Einzelblätter (A4-Format); v.a. durchscheinende Makulatur von Dissertation und Gedichttyposkripten
Umfang: 25 Dossiers, 213 beschriebene Seiten
Publikation: Die verwandelten Schiffe (12 Gedichte), GEDICHTE (1 Gedicht), Verstreutes (2)
Signatur: A-5-c/11 (Schachtel 36)
Herkunft: Nr. 1-15: braune Mappe EG 55 I; Nr. 16-25: rote Mappe EG 55 II

Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften

Weitere Fassungen

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