Inhalt: 168 Entwürfe zu 124 Gedichten (31 Endfassungen); mit den Zyklen:
Beschwörung des Todes I-XXIX, New York I-VI, Rom I-IX, Escorial I-III, Beschwörung – Andere Abteilung I-XIII, Durchgang I-XI
Datierung: 7.12.1980 – 27.8.1988
Textträger: Rotbraunes Notizbuch, grau-schwarze Tinte
Umfang: 212 beschriebene Seiten (+ U2/U3); Bll von Raeber numeriert, ab Bl. 106v leer
Publikation: Abgewandt Zugewandt: Hochdeutsche Gedichte (52 Gedichte)
Signatur: A-5-h/02 (Schachtel 29)
Bilder: Ganzes Buch (pdf)
Spätere Stufen: Manuskripte 1979-1983, Typoskripte 1983
Kommentar: Beschreibung; vgl. auch das Typoskript Zur Entstehung
Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften
Ein Vorwand, plötzlich
zu sagen:
aber ich bin
doch nicht dein Sohn, du bist
05 doch nicht mein Vater,
ein Vorwand die Antwort,
dann vergessen wir das und machen
es anders, ein Vorwand
der Weg durch die Nacht
10 und dann der Hinabstieg
in die vertraute
Gruft und die // 004
Wiederholung des alten
Gestammels ein Vorwand
15 ein Vorwand am Ende
der Aufschrei:
Beschwörung des Todes.
Und die Asche, die alles
ringsum bedeckt. Die Wiesen
Büsche,
sandig und farblos. Doch mitten
05 drin der einzige
Baum ist noch gewachsen. Das Laub // 005
strotzend und dunkel Knospen
gross wie Melonen. Und Vögel
Vögel von überallher
10 hinein in die Äste.
Und dann das Gezwitscher:
Beschwörung des Todes
Aber wir wollten eine
geschlossene Kugel
machen, spiegelnd
und glatt aussen, woran
05 der Regen abläuft, woran
die Blitze abprallen,
und wenn sie zu Boden // 006
fällt, rollt sie
unverletzt einfach davon.
10 Innen aber da wären
Gärten mit Brunnen
mit Beeten
voller Rosen da wären
weiche Wiesen und Berge
15 blau wie von Bassano.
Und Wälder vor allem,
Wälder, dunkel,
das Unterholz undurchdringlich:
inwendige Wildnis für dich
20 und für mich inwendige Zuflucht.
Eine Kugel
für dich und für mich
wollten wir machen.
Und auf der Woge,
warm und mächtig
getragen sanft,
unaufhaltsam hinaus
05 widerstandslos
getragen hinaus,
ohne zu wissen warum.
Gib dich, ergib dich
getragen hinaus,
10 und keine
Küste und kein
blaues Gebirge dahinten.
Das Rauschen aber
donnernd die Fahrt
15 ohne Lenkrad und Ruder.
Gib dich
die rollende Woge
ergib dich.
Gegensteuern
gegen die Strömung
der weiche unwiderstehliche
Sog warm
05 und purpurn. Und immer
schneller und schneller.
Die tropischen Inseln.
Der Hafen leer
von Schiffen. Vorbei
10 schneller und schneller.
Der purpurne Wirbel. Gegen-
steuern gegen
die Strömung.
Und die Gerippe der Schiffe
15 und die geborstenen
Kisten. Die Schätze // 009
verstreut und begraben
im Schlamm. Die Münzen
der Dogen. Die eisig
20 glucksende Kälte der Tiefe. Und Gegen-
steuern gegen die Strömung.
Gegensteuern
gegen die Strömung
unwiderstehlich und immer
schneller und schneller.
05 Gegensteuern
gegen den Sog.
O, der purpurne Wirbel.
Und die Gerippe der Schiffe,
die geborstenen Kisten.
10 Die Münzen verstreut,
begraben im Schlamm.
Die glucksende Kälte.
Gegensteuern gegen
den Sog,
15 gegen die Strömung. // 009
O, der Sog,
der purpurne Wirbel.
Gegensteuern.
Für den Rest meines Lebens
hast du gesagt, aber
niemand weiss, wie
gross ist dieser Rest und wieviele
05 Leben zu leben du hast.
Und solang du
lebst, wird sich alles immer
wandeln und nichts // 010
bleibt gleich, am Abend
10 bist du nicht mehr der, der du
am Morgen beim Aufwachen warst.
Nimm dir nichts vor, versprich nichts
für den Rest deines Lebens.
Aber die Stunde am Abend,
15 das Westlicht über dem Park, in den kahlen
Bäumen ein Glasguss
silbern und grün,
am Ende noch rot,
ist doch jedesmal ewig
20 und endet, obwohl sie
nach wenigen Augenblicken vorbei ist,
niemals, niemals. Ein Nu
ist sie nur, und sie dauert
jedesmal für den Rest meines Lebens.
25 Dieser Widerspruch, unauflösbar,
er ist das Leben.
Die grosse Stille inmitten
kein Blatt
regt sich. Und von dem
Getümmel draussen, vom Lärm
05 jenseits der Ränder
keine Spur. Im Schatten
des Baums die grosse
Stille für dich inmitten
die Stille inmitten
10 für mich.
Der Blitz wie ein Messer
zerschneidet
das samtene Laken.
Weisses Gestein
05 gleissend. Das Wasser
wie Eis. Die ertappten
Tiere farblos, farblos
die Bäume. Und unten
die Sohle der Schlucht.
Nach dem Getümmel die Waffen
die Fahnen im Staub. Die geborstne
Trompete. Der Sieger
in seiner Rüstung posiert
05 vor unersättlichen Bränden.
Die verdorrten Bäume, die letzten
am Rand der Wüste
und drinnen
der Dornbusch in Flammen
05 unlöschbar unerreichbar
ganz drinnen. Und trotzdem
anzukommen der Wunsch
und zu verbrennen und Asche
und eins mit dem Sand
10 zu werden die unstillbare Begierde.
Aber der Sumpfwald nachher.
Die Klagen der Vögel.
Glück der
Augenblick auf-
gehängt zwischen
zwei Ungedulden
05 ohne Erinnerung
ohne Erwartung.
Glück der
Zufall hinein
in die Fülle bevor
10 sie versickert und vor
des Schmerzes
klopfendem Wiederbeginn.
Glück.
Den Finger in deinem
Hintern: wie schön
zu wohnen, zu wandern
in deinem heissen
05 Innern. Und unermesslich
die Lust, unermesslich
die Zärtlichkeit dieser
Begegnung.
Aber vorerst ist die
Wunde noch blutig. Und deine
Hand wird nass und
rot bei der Berührung. Erst später,
05 erst später ist alles
trocken und schwarz. Unermesslich
der Durst nach einem einzigen Tropfen
nach einem einzigen kleinen
Unermesslich
Aber kein Feuer, kein Rauch, und auch
kein Trommelgedröhn durch die stille
trockene Luft.
05 Unermesslich, schweifend und ohne // 018
Baum oder Stein oder Tier
darin zu wohnen.
Nirgendwo, nirgendwo doch
unermesslich.
Die Türe zuschlagen, die Türe
die Seele draussen
bleibt aber draussen
und flattert und friert
05 Die Türe draussen
die Seele.
Rückkehr noch einmal
auf die Wiese
unten vergessen. Die Hummel, der weisse
Sommervogel. Noch einmal
05 Rückkehr. Der Flieger
silbern im Blauen. Die Ferne
die Ferne erträumt
erlitten inzwischen.
Noch einmal.
Und die Drehung, die Drehung
purpurn und blau
und schneller und dunkler
der Wirbel. Die stille
05 Wiese auf einmal dahinter, die
Hummel. Glück
des Wiedererkennens.
Aber die Drehung.
Den zerrissenen
Faden zusammen
knüpfen,
zusammen
05 nähen das
zerrissene Band.
Die getrennten
Hälften der Schwerkraft
überlassen,
10 genügt für gewöhnlich.
Sie fallen
von selber zusammen.
Aber das Herz
herausgerissen und auf der
Pyramide geopfert.
O, die trockene Luft, die
05 Sicht bis hinaus an die ferne
Küste. Du grosser
bunt gefiederter Vogel.
Das Herz
herausgerissen und auf der
10 Pyramide das Herz dir
o Vogel das Herz
dir geopfert.
Auf der Pyramide das Herz
herausgerissen
und dir, o Vogel,
das Herz dir, grosser Vogel,
05 das Herz dir, bunter
Vogel, geopfert.
Das Herz.
Jenseits der Klippen
und jenseits der schwärzlichen
Moore, hinter dem
trocknen Gestrüpp, dem breiten
05 Sandband am Ufer
jenseits der öden
Hänge mit den verlassenen
Hütten, der Gipfel, der Gletscher, der weiten
nie betretenen Felder
10 ewigen Schnees:
jenseits der Schluchten mit den
Skeletten der
Abgestürzten // 024
jenseits der warmen
15 Golfe, der Inseln, verwunschen
und weit
jenseits des bisher Erhörten
jenseits der Entdeckungs-
fahrten, der Stürme, der wunder-
20 baren Errettungen jenseits
der Schiffbrüche, jenseits, jenseits
am äussersten Rand und im letzten
Augenblick
wartest du auf mich und fängst mich
25 jenseits
auf mit deinen Armen.
Die Nacht eine schwarze
Grotte, unser
Schweigen darin eine (warme)
Muschel Immer
05 dunkler und weicher. Und plötzlich
sprengt dein Schrei die
Muschel, dein Schrei
sprengt die Grotte:
Du und ich ohne Angst
10 schutzlos draussen im Glückswind.
Eingeschlossen in eine
silberne Kapsel
herausgenommen, heraus-
geschnitten, heraus-
05 gerissen aus deiner Brust
und fort getragen und fort-
geführt weit fort
weitab geführt, weitab
gefahren und dann
10 abgetrennt blutend
abgetrennt von seinen Wurzeln
eingeschlossen in eine
silberne Kapsel
und eingemauert in den
15 massigen Pfeiler
eingeschlossen dein Herz.
Alles hinab
alles am Staudamm
hinab, die
Gläser, die Teller, die
05 Löffel, die Gabeln, die
Schüsseln, die Töpfe, die
Pfannen, alles
hinab über den Bug
am Staudamm alles
10 hinab, die Decken, die
Puppen, die Bären,
die Eisenbahn, das
Puppenhaus, der
Plüschelefant, die
15 Spielzeuge alle, alle
hinab, die Kleider, die
Mäntel, die Schuhe,
die Jacken, die Hosen, ||
alles, alles hinab
20 über den Bug am
Staudamm hinab,
und dann auch die
Möbel hinab, die
Stühle, die Tische, die
25 Polster, die Betten, die
Schränke, alles, alles
hinab am Staudamm
über den Bug hinab
in den dröhnenden
30 Sturz des Wassers
hinab, und am Ende
mit samt dem ganzen
Schutt nach dem letzten
Zögern hinab du und ich
35 hinab, hinab:
wie das zusammen
das Blaue, das schäu-
mende Weisse, wie das über // 028
dir, über mir zusammen
40 schlägt. Und drunten
die Stille, die Stille der Fisch
stehend, uns beide
mit offenen
Augen betrachtend,
45 mit leuchtenden Augen im Dunkel
betrachtend uns beide. Hinab
Alles
alles hinab.
Oder droben auf der
weissen Fläche die Ketten
die Kelche gerettet vor dem
steigenden Wasser
05 die alten Geräte
gehäuft. Und die
Kadaver. Wenn nun ein Windstoss
die Wolken die Wolken zerrisse
Oder der Blitz zerschnitte
10 die Schwaden, der Blitz.
Ein Augenblick und alles und alles // 030
bedeutend, beglänzt, ein Augenblick
alles im Nebel.
Oder droben wer weiss auf der weissen
15 Fläche wer weiss über dem steigenden
Wasser wer weiss?
Und am Ende
weichen die steilen
Wände nach beiden
Seiten: gleissend
05 die See in der Sonne und still und
keine Grenze
nirgendwo nirgends es sei denn
der Strich, der den Himmel
scheidet vom Wasser, die Dünste,
10 silbern, scheidet vom riesigen
silbernen Teller.
Draussen weit draussen
das Wrack in der öligen
Lache. Die toten
Delphine. Die Boote
05 wenden. Der Sturm erst
bestattet den schwarzen
Kadaver und die qualvoll
draussen weit draussen
qualvoll
10 verendeten Vögel.
Wer hat die Wörter, wer hat die
Wörter gejagt und gefangen
und eingesperrt in das
Gedicht und zum
05 Singen gezwungen?
Wer hat die Wörter
gejagt und gefangen
und eingesperrt in das
Gedicht und zum
05 Singen gezwungen?
Wer hat die Vögel
gejagt und gefangen
und eingesperrt in den
Käfig und zum
05 Singen gezwungen? // 034
Wer hat die Wörter
gejagt und gefangen
und eingesperrt in das
Gedicht und zum
10 Singen gezwungen?
Wer hat die Vögel, wer
hat die Wörter gezwungen?
Und dann auf dem Gipfel
der Wind. Die warme
Küste fern in der
Tiefe. Die sanfte
05 Bewegung der Wellen
Erinnerung. Erinnerung
das Unbestimmte, die Lust
des Ununterschiednen.
Und dann auf dem Gipfel der eisige
10 Mantel. Abgetrennt. Der
schneidende Wind.
Abgetrennt und
wieder verschieden. Die Qual
dann auf dem Gipfel.
Der Deckel halb offen, und aus der
Spalte das Lächeln, das Winken
„Komm doch herein.“
Nur die wenigen Schritte,
05 nur ein leichtes
Bücken, warum
denn noch zaudern, warum
dieses Zögern, da drinnen der süsse, der alte,
der uralte Genosse, er harrt.
10 Und die Ruhe im Dunkeln,
die samtene, süsse, sie harrt.
Und die Toten zwischen den Bäumen
von den Wolken
widergespiegelt. Der Teich
neu gefüllt überläuft
05 und läuft aus auf die Strasse.
Diesseits
der einzelne Baum, die
unbewegten Blätter.
Jenseits das Rauschen
10 ununterbrochen den ganzen
Tag und die ganze
Nacht. Die Insel
bleibt darüber
die Blätter, der Baum.
15 Von der Mitte hinaus // 038
durch die Alleen und durch die
entleerten
die bunten
Fassaden, die Fenster
20 blinken
niemand sonst,
zwei- dreimal ein Wagen;
Polizei, jetzt fährt er
langsam heran, hält, nein
25 er fährt weiter, schnell,
schon um die Ecke.
Und dann er, wie jede
Nacht, auf seinem Fahrrad. Er sieht
niemand, nur immer gradaus
30 weit weg, weit vorn
eine Entzückung
unterirdisch im Moder und in den // 039
feuchten durchtränkten
Taschentüchern des Gelasses
35 unter der Erde am Friedhof.
Drunten und draussen
am Fluss ein endlos
atmender Garten. Die Mitte
im bewölkten Himmel
40 über den Bäumen gespiegelt.
Überall in den Ästen
zwischen den Stämmen
die Toten. Wiederkehren
Rückkehr noch einmal über
45 den Fluss, den Friedhof
entlang, die bunten // 040
Strassen, Alleen, hinein
durch das eitle
Tor ohne Haus, ohne Mauer
50 hinein in die helle
leblose Mitte, das Grab.
Auch nicht im Museum
wurde die Mumie
wiedergefunden.
Was für Blumen sind das, was für
weggeworfene Blätter,
bräunlich, Stengel
schwarz zertreten
05 die Zypresse jedoch
über den Bäumen über
den Pylonen
die Pyramide? Oder
die Wüste kristallen, glä-
10 sern und stählern
glänzend geschliffen.
Beschwörung, Beschwörung, // 042
Zaubergeste erhoben
gegen den leeren
15 Himmel ohne
Trost ohne Tränen
Kartenhaus: immer
vertrackter immer
höher gebaut einge-
20 stürzt und
wieder begonnen uner-
müdlich zwischen den beiden
Flüssen die Stille
zusammengebraut aus
25 tausend Geräuschen Rauschen
der Muschel am Ohr daliegt
der totgesagte, der alte
Riese immer noch schau nur // 043
im Gras und hält die
30 Muschel ans Ohr lau-
schend und lacht.
Die einzige Häufung
Sammlung An-
schwemmung
Türmung die
05 Senatoren Venedigs entleibte
Geister irren durch die
strahlenden Schluchten suchen
finden in den
Wolkenkratzern neue Leiber,
10 Mumiensärge // 044
aufrecht strahlend mit tausend
gleichen Zellen
Skarabäen unsterblich im
Abriss im Auf-
15 bau Abriss im Wie-
deraufbau endlos endlos die
Prozessionen der
Skarabäen der Pharaonen der
Senatoren die Häute
20 schuppig und bunt die
Häute blass und // 045
glatt überall auf den
Pfaden ein Tempel allein auf der
kleinen Lichtung
25 Prozessionen
der Skarabäen und die
Opferung auf dem
blutigen Altar ganz
wie vor alters verwischt
30 verwischt überwuchert.
Und jetzt die
Avenuen vereist die
Bäume schwarz ohne
Blätter Bettel-
35 prozessionen von
überall her von // 046
überall her wäre
da ein Grab ein
Gehäuse mit einem
40 Kraut einem
Knochen einem
abgerissenen Fetzen
Linnen Ge-
genstände des
45 Hasses der Liebe der
Furcht der Verehrung alle
ziehen dorthin wo
nichts ist.
Flügel abgerissen
schleift die
Stufen Flügel // 047
abgerissen schleift die
05 Stufen Türkis-
Flügel verschmutzt von
Teer und
Kake schleift die Stufen
schleift abgerissen die
10 Stufen hi<n>unter
Flügel schwer von
Teer und von Kake
schleift abgerissen
schleift dumpf und
15 schleift schmutzig
schleift lahm und
abgerissen die
Stufen hinunter. Die
Avenuen vom Wind
20 downtown gerissen // 048
der Flügel verschmutzt
Türkisflügel
nicht mehr von Teer von
Kake verschmutzt
25 verklebte Federn schöner
Türkisflaum nicht mehr
vom Wind die sechste
Avenue Downtown gerissen
abgerissen vom Eiswind
30 die Sechste Avenue
hinunter der Flügel
schwer von Teer und
von Kake schleift die
Sechste Avenue Downtown vom
35 Eiswind gerissen abge-
rissen hinunter
Oben von Empire State
an der Spitze abgerissen // 049
von Empire State abge-
40 rissen vom Eiswind der
Flügel Türkisflügel
flattert und kreist um
Empire State und
flattert entlang und sinkt
45 Empire State entlang
gerissen vom Eiswind
hinunter und schleift
verschmutzt von Kake
und verschmutzt und schwer von Teer die Sechste
50 Avenue Türkisflügel
jetzund nicht mehr
Downtown hinunter.
Durch den
schwärzlichen Schnee von der letzten
55 Woche übrig geblieben // 050
schleift der Flügel
schmutzig von Kake von
Teer schwer und
schmutzig von Teer
60 hinab von Empire State
vom Eiswind in den
Schnee in den von der letzten
Woche schwärzlich
liegen gebliebenen Schnee
65 hinunter gerissen Down-
town downtown
hinunter schleift der
Flügel jetzund türkis-
flügel nicht mehr
70 abgerissen hinunter
schleift er abge- // 051
downtown schleift er abg-
durch den schmutzig liegen
gebliebenen auf der
75 Sechsten liegen ge-
Schnee schleift er abge-
ab ab schleift er
downtown hinunter
Türkisflügel Türkis-
80 jetzund nicht mehr.
von Uptown die Sechste
hinuntergerissen schleift der
Flügel von Uptown ab-
und hinuntergerissen
85 Türkis nicht mehr
jetzund schmutzig von
Uptown jetzund schleift er
schleift er Downtown
verklebt und teerig
90 Downtown hinunter.
Saugen langsam lang-
sam inständig saugen unab-
lässig unermüdlich sau-
gen ohne je zu er-
05 lahmen mit ganzer
Kraft mit ganzer
Seele nur saugen nur
saugen.
Angesogen heran-
10 gesogen nahe immer
näher heran gesogen
vollgesogen ganz
voll voller und voller // 053
gesogen einge-
15 sogen herein
gesogen immer
tiefer herein
gesogen und
tiefer und tiefer
20 herein und aus-
gesogen und immer mehr
ausgesogen und ganz
ausgesogen langsam lang-
sam ganz ausgesogen
25 leer leer gesogen
voll ge-
sogen leer
voll voll gesogen
voll leer gesogen // 054
30 voll leer voll
leergesogen gesogen
Häute an den
Wänden hängende
Häute
abgeschälte
05 abgezogene Häute
überall gereinigte
Häute von allen
Wänden herunter
hängende Häute vom
10 Blut vom Fleisch von den Knochen
befreite reine
gereinigte Häute // 055
überall von den Wänden
rein und flecken-
15 und blutlos hängende
Häute. Die Dämpfe die
Brände fern fern
vergessen. Nur die
Wände die
20 glänzenden Nägel
gereinigt geruchlos von den
Wänden
hängend die Häute. Die
glänzenden Köpfe der Nägel
25 säuberlich in den
abgespritzten in den geschrubbten
Wänden. Nicht Dämpfe // 056
nur die Nägel
nicht Brände nur
30 die Köpfe wohl
gereinigt und reinlich nur die
Häute von allem
Unrat geleert und reinlich
verteilt über die peinlich
35 gereinigten Wände.
Wärest du nur hinten
geblieben und hättest
dich nicht nach vorn ge-
drängelt du wärest noch lang
05 früh genug vorn an der // 057
Treppe gestanden man hätte
dich früh genug noch die Treppe
Stufe für Stufe hinauf
gestossen du wärest
10 früh genug früh genug
oben gewesen und
hättest nicht mehr zurück nicht mehr
hinunter gekonnt früh genug
man hätte
15 dich genommen auch so
man hätte dich früh genug
früh genug genommen
ergriffen gehabt.
Versinken im Schneematsch die nassen
Füsse und dann das
Eisbrett von der Schmelze
vergessen wie eine
05 höhere Einsicht.
Versinken im Schneematsch. Die nassen
Füsse. Das Eisbrett
von der Schmelze vergessen. Die
höhere Einsicht.
Einer
hinter dem andern und tief
in den Nebel die
niedrigen Hügel und dann das
05 Flattern darüber im
Regen das
Flattern im Schnee doch schon um die nächste
Biegung die hohen
Stapel am Wasser die vielen
10 Galeeren eine // 061
hinter der andern die Einfahrt
versperrt Elefanten
draussen gefangen die
wütenden Rüssel und um die
15 nächste Biegung wieder
die Hügel der Nebel
wieder das Flattern
im Regen im Schnee in allen
Wänden die Lücken erschüttert
20 vom Ton der Trompeten.
Ungerührt aber
ruhig wallend weisse
wollene Wellen die
Herden heran
05 drängend an die mählich
steileren Hänge zerschellend
endlich an der
steinernen Festung die lichten
Wipfel der Birken dahinter
10 weit weit in der Tiefe
weiss die Träume von
Sarazenen Gedächtnis // 063
vertriebner Piraten.
Die Hänge allmählich
steiler bespült
die wollenen Wogen und oben
die steinerne Glätte die lichten
05 Wipfel dahinter weit
dahinter die Träume
von Sarazenen gewälzt // 064
weiss hin und her
und das Gedächtnis
10 weit weit hinter den lichten
Wipfeln die Angst
die nie vertriebnen Piraten.
Die Hänge allmählich
steiler bespült
aber das glatte
Gemäuer
05 widersteht den
wollenen Wogen widersteht nicht den
hinter den lichten
Wipfeln weit
hinter den Wipfeln geträumten
10 Träumen von Sarazenen dem hin und her // 065
gewälzten Gedächtnis der nie
vertriebnen Piraten.
Die Hänge allmählich
steiler das glatte
Gemäuer. Wider-
stand gegen
05 die wollenen Wogen.
Hinten weit hinter den lichten
Wipfeln die Sarazenen nie
vertrieben und hin
und her gewälzt in den Träumen die nie // 066
10 aus der Bucht aus dem
Gedächtnis
unerbittlich hinten
weit hinten hinter den lichten
Wipfeln vertriebnen Piraten.
Lauschen lauschen hinab
Gurgeln und schauen
hinab das
Boot
05 hinten im Schatten
wer hat es
da drunten gelassen.
Lauschen
lauschen hinab das
Gurgeln und hinten
im Dunkeln der Nachen,
05 wer hat ihn da drunten
gelassen worauf zu
warten im Schatten?
Lauschen
lauschen hinab das
Gurgeln und hinten
im Dunkeln der Nachen
05 verlassen da drunten worauf
zu lauern im Dunkeln?
Wenn es käme das Boot
wenn es nochmals
lautlos heran
käme über den Weiher
05 Flackern der Lampen der Mastbaum
namenlos aufgerichtet am Bug
wenn es nochmals über den Weiher
käme als ob es
keiner bewegte das schwarze
10 Laken am Heck // 069
das Gerüst und die grosse
Glocke am Heck und die
ächzenden Balken wenn es
nochmals heran
15 käme unter den tropfenden
Steinen und dann vorbei auf die schmale
Lücke zu führe und
durch die Lücke hindurch und hinaus
führe diesmal und sich // 070
20 draussen verlöre, gleissend
die Weite der weit
aufgerissene Rachen.
Lechzen nach dem
Sumpf und Lechzen
nach dem dunklen Wasser Lech-
zen nach der schwarzen
05 Pfütze Lechzen
nach dem Antlitz weiss
darin gespiegelt hautlos zahnlos
ohne Augen schauend
die Wolke und die Blitze
10 und die Trompete ohne Ohren
hörend lechzen
lechzen nach dem Wurm und seinem
Biss und lechzen nach der
Fahrt zuunterst durch die // 072
15 Schlucht um die Kurven
Rasen lechzen,
lechzen nach der
Ankunft nach dem
steilen Ufer lechzen und nach den
20 Booten hell erleuchtet
lechzen von der Begierde
angezogen und lechzen
nach dem Sumpf und
nach dem dunklen
25 Wasser lechzen nach dem
Gelächter in der
Tiefe lechzen lechzen.
Das steile Ufer und die
Bucht verborgen
die Ausfahrt eng die
Einfahrt nicht zu
05 finden doch unterm
Überhang die Grotte in den
Fels verloren die
Nische mit dem
Boot bereit der Wurm
10 geschwollen und die vielen
Schädel das Gebein
im Innern weiss verstreut.
Der Schemel auf den
Zehenspitzen die Brust
saugen saugen und nie
zu leeren. Aber ein Windstoss
05 durch die Tür und der Schemel
fort unter den Füssen
unerreichbar unlöschlich
der Durst.
Wiegend im weissen
Linnen
locker gespannt von der einen
Seite zur andern
05 Seite der Schlucht o der
Himmel ohne
Wolken der Mond ein
Nichterinnerungsschatten ||
auf der schwarzen
10 Sohle die Zunge
zähflüssig und
entschlossen nicht zur
Kenntnis genommen.
Die lange
Sonnenhalde
und zwischen den dürren
Blättern Gefieder zerzaust
05 vielfarbig schillernd. Die leeren
Höhlen der Augen. Doch immer noch stolz
mit hundert
golden blitzenden Rudern,
rührt die Galeere
10 im endlosen Mittag
sich nicht von der Stelle.
Schädel
unter der Brücke unter
der Brücke weisse
Gebeine. Nie
05 benetzt sie das Wasser, die Flut
lässt sie links
liegen im Frühling. ||
Gegen die gespiegelten
Lichter jedoch
10 keinerlei Einwand.
Einen nach dem
andern die Pfeile
heraus aus dem Fleisch
gezogen
05 heraus aus den
Wunden und
aufgestapelt unter dem
Segel. Der leise
Wind und die Spitzen
10 blitzend im Licht. Blitzend
die Wellen. So dick
sind schon die Narben. Die vor der
Zeit beschwichtigte Blutung.
Von der Kloake verschlungen
und hochgespült und wieder
ausgespien der Wut
des Meers übergeben.
05 An die Mauer geklatscht<.>
Begraben bewahrt von der
Schlammflut. Der
geborstene Berg. Die // 081
Toten auf ihren Sitzen
10 verbrannt. Der
Mantel das
eherne Bildnis
geschmolzen. Die
lachende Maske
von der
Kloake verschlungen und
wieder ausgespien der Spring-
flut übergeben und an die Hafenmauer geklatscht
05 eingeholt von der Schlammflut
aus dem geborstenen Berg der Mantel
verbrannt das
vergessene
Bildnis geschmolzen die
10 lachende Maske von der // 082
Kloake verschlungen und wieder ....
Späne vom Rost die
blutigen Binden
das zertrümmerte
Haupt in der Nische die
05 Prozession der
träge kriechenden Käfer
das Rinnsal auf dem
steinernen Pflaster
im Abfluss von weitem mit langen
10 Pausen dazwischen
das Echo der // 083
klopfenden Tropfen.
Das Geschrei von den Mauer-
kanten herunter und schon
wieder Anflug und Abflug die
Sträucher
05 jählings
die Düfte im Frühling und
die Weiher rings
um die Pfeiler die
glucksenden Sümpfe und dann
10 schon wieder schon
wieder grell das <Geschrei.>
Auf
aufgeschlagen der
Vorhang dunkler
Stein auf dem weissen
05 Genick auf dem
Bogen der Klinge.
Der finstere lange
Gang. Weiss die
geschälten entfleischten
10 Gebeine das Lächeln
unveränderlich aus den
Höhlen der Augen und die
Sanduhr zum
Willkommgruss erhoben.
Von Spitze zu Spitze
der Falter die
wippenden Gräser
die Schluchten
05 duftend dazwischen die
Würmer die Schalen
von früher und auf der
Sohle die
verlassene Larve.
Von Spitze zu Spitze das neue
der Falter die
wippenden Gräser
das neue
05 Leben die Schluchten
duftend dazwischen
die Würmer die Schalen ||
das alte und auf der
Sohle die Larve das alte
10 Leben verlassen.
Nur Spritzer auf dem
Spiegel und Kerzen
auf dem abge-
gessenen Tisch keine
05 geheime Botschaft die kalte
Asche im Eimer nicht einmal eine
Drohung im halb
geöffneten Fenster vier
Monate schon
10 dauert der Winter der leere
Kanal eine Ente
im einzigen
Tümpel nur
Spritzer einge-
15 trocknet und
keine Botschaft und
erst recht keine Drohung. // 087
Den Fuss nicht einmal auf die
oberste Stufe gesetzt der
20 Sog des Kellers und ange-
kündigt von trägen
Käfern schwarz
glänzend aber
die Lederbank im
25 knarrenden Aufzug und auf dem
Spiegel die Spritzer.
Abgewetzt
von den Küssen und dann
verkauft und weggebracht
verworfen geschmolzen
05 zuletzt in einem Grab unter
Kakerlaken, unter
gelblichen Maden von deinem
Mantel noch der eine und andre
goldene Faden.
Abgewetzt von
fettigen Küssen und dann
vergessen und dann verkauft und
weggebracht übers Wasser
05 und wieder vergessen verworfen geschmolzen und dann
im zufällig entdeckten
der eine und andre // 089
im zufällig aufgebrochenen Graben der eine
und andre von deinem
10 unter Kakerlaken und
gelblichen Maden von deinem
Mantel der eine und
andere goldene Faden.
Abgewetzt von
unzähligen Küssen
gestürzt
vergessen verkauft und
05 fortgebracht übers Wasser verworfen
geschmolzen im Stadtbrand
vergessen im zufällig
entdeckten der eine der andre
im zufällig auf-
10 gebrochenen Graben der eine
der andre vom goldenen // 090
unter Kakerlaken unter
gelblichen Maden vom goldenen
Mantel der eine
15 gefunden
der andere Faden.
Wer immer da oben hin und her
flöge wer immer
und dann auf einmal
eine Lücke ein Loch und unten
05 die Wälder die Berge
und auf der verbrannten // 091
Höhe ein einziger toter
Einsiedlerbaum
in seiner Schwärze
10 erstarrt wer immer dort oben
und dann herunter
schösse und dann [inne-]
inne hielte und sachte
heran und sich
15 nieder in der fahlen
Krone niederliesse im Elend nach langem
Irrflug mit müden
Flügeln zitternd ein Tröster
mit müden
20 Flügeln frierend ein
Tröster der Vogel.
Und das zersprungene Ei das
brennende Haus der
verkohlte Kadaver das
schwarze Taxi mit der
05 Leiche im Fond die
Schnecke auf der
Stirn auf der Wange
an der Mole die Rippen
des Schiffs das
10 Schwemmholz am Strand die toten
Vögel schwarz verschmiert die
Gebeine in Gold und in
Perlen gefasst // 094
und bekränzt mit roten
15 Rubinen der kristallene
Sarg und die Blumen gelb
der Ginster die Blumen
der Frauenschuh purpurn
der Rauch aus den Schloten geduckt
20 über die Dächer heran
rollende Drohung der Hund
in der Kuhle verendet
aber die Blumen die
Blumen der Enzian blau und die
25 rotweiss gesprenkelten Nelken
die Lokomotive rostig auf den
verwachsenen Schienen der
Engel mit dem gezückten // 095
Schwert auf dem Gipfel
30 des Grabmals und auf den Stufen die lange
Reihe der Gefangenen die aufge-
rissene Brust und das
blutig geopferte Herz der Wind
hart und sandig von den
35 Hügeln herüber die Blumen
wieder die Blumen
Eisenhut Drachenkamm
unterm Wiesenschaumkraut verborgen
der üppige Stengel und aus der
40 Wolkenmanschette
die riesige Hand mit der Rose.
Wären doch die Wolken
vorüber vorüber die
Lichtung die Flucht
von Licht und von Schatten
05 das offene
Grab dunkel bald und für immer
das Futteral
verglüht der leere Mantel
von den Schultern
10 golden gefallen wäre er drinnen
drinnen für immer verglüht.
Glühend
aus der Höhle die Augen
die Zähne gebleckt.
Und über dem Hügel aus Schutt der
05 Flügelschlag klagend
und schwarz.
Doch von einem
Pfeiler zum andern
die Winke. Das aufge-
10 schlagene Buch. Auf jeder
Seite von neuem
eingetragen Verrat // 098
feige
niemals verziehen.
Der Schatten
plötzlich und der entleerte
Platz. Weh-
klagen. Asche
05 unter dem Rost und ein paar schwarz // 099
eingetrocknete Tropfen.
Aber die
Erinnerung an die
irdischen, an die
10 himmlischen Dinge bald näher
bald ferner ein Schwirren ein
Flimmern ganz hinten
im Hirn. Und das Rad
dreht sich im Regen.
Aber hinaus
hinaus ins Wasser gegangen
und weiter und nach den
Steinen der weiche
05 Sand und weiter
draussen der Schlamm weiter und
tiefer draussen
weich um die Füsse und kein
Knirschen mehr und kein
10 Klirren der Kiesel
nur noch
das Glucksen immer
wieder die gleichen
vagen Gedanken.
Der Staub und die riesige rote
Mauer der Wind und die roten
Wirbel die Tore und drinnen
die trockenen Becken die
05 Sitze die Schreie Gelächter
das Jauchzen der Lüste
der Wind und die roten
(Wirbel) klein und
kühl die
10 Umarmung im Wagen
verspätet.
Vom Palatin herüber der kalte
Wind Böen und dann dahinter
der Regen man braucht
keine Mohrenköpfe mehr bei Giolitti
05 zu kaufen leise
und hoch trägt der
Wind über die Dächer über
die Plätze dahin da
mögen die Burschen dort unten
10 vorm Pantheon noch so
laut hupen mag die
Frau dort unten bei Sant'
Eustachio leise leise
noch so schrill kreischen
15 und hoch.
Der kalte
Wind herüber vom
Palatin und dann die Böen der
Regen man braucht
05 keine Mohrenköpfe
mehr bei Giolitti
zu kaufen nur einfach
hinunterspringen vom Dach und
über die Kuppeln hinweg hoch
10 über die Plätze
leise und weich da
mögen die Motociclette
dort unten von der Piazza Navona
herauf noch so laut hupen da mag
15 die Frau dort unten
vom Pantheon herauf
noch so schrill kreischen.
Und dann
der zerborstene Bogen
die Weiher das
warme Wasser
05 das kalte Wasser versickert
weder tote Fische noch Schlamm
der Wärter im dunklen
Anzug und niemals
das warme
10 niemals das kalte
Wasser gesehen und niemals
darin gebadet doch gegen
den Regen eine zusammen-
gefaltete Zeitung.
Und du hättest die Wolke
die langsam über den Himmel
dahinglitt beinahe
erwischt aber da stand sie
05 still auf einmal über
dem Loch im Dach eines grossen
Hauses und ging auf und
ging auseinander
und leerte ihr ganzes
10 Wasser aus und ergoss es
auf ein gläsernes Särglein mit einem // 107
Männchen ganz aus
Knochen darin und einer goldenen
Palme in den
15 stocksteifen Fingern
da wagtest du nicht mehr nach der
Wolke zu greifen
du hättest ja nur
nasse Hände bekommen
Da dringt der Gesang
herauf aus dem Grab aus dem stummen
Mund
der Duft von nie
05 gesehenen nie
gerochenen Blumen Aber
droben die
feuchten
Lüfte dicht zu Gewölk
10 und dichter geronnen
kein Gesang kein
Duft durch die Sturz-
flut die Knochen aus den
Binden hinaus
15 geschwemmt hinab // 109
geschwemmt in die Gosse.
Und wir sollten vor den roten
Mauern sagst du unter
den wuchernden Wurzeln
nach den Treppen
05 suchen hinab in die
schwarzen
Gewölbe die Gräber-
nischen die tropfenden
Wände das sei
10 nahe dem Herzen das sei
wahrer sagst du
aber das Knattern das // 110
Heulen der Wagen wider-
hallend von den
15 Mauern der Gassen
hier drinnen die Dämpfe
bläulich + beissend
Wunde
blutend blutend
20 lebendig.
Das Grab
begraben unter
Gestrüpp der Wagen
Brüste
05 Schenkel stundenlang ächzend // 111
das Blut aber findet
den Weg versickernd hinab
die verschüttete Treppe
und tränkt
10 die dürstenden Toten.
Das Grab
begraben unter
Gestrüpp der
Wagen ächzend
05 Schenkel stunden-
lang und die
Brüste das Blut
versickernd hinab die
verschüttete Treppe O die
10 dürstenden Toten.
Kennst du nicht die Strasse kennst du
nicht die Flecken
überm Horizont den
Durchschlupf durch die Hecke und den
05 jähen Duft den
Augenblick der Wildnis
kennst du nicht und dann
den Streifen Sand dahinter
und im seichten
10 Wasser das zerschossene
Wrack kennst du nicht und
hast es nie gesehen?
Blasen und immer
stärker blasen aus voller
Lunge blasen dann
bläht es sich auf und
05 dehnt sich und wird
immer grösser und
dehnt sich und bläht sich
und wird riesengross so
riesengross, dass es am Ende den ganzen
10 Raum ausfüllt bis
hinauf an die Decke und dich
platt an die Wand drückt.
Nicht blasen nicht blasen still
bleiben und den
15 Atem anhalten dann
schwindet es und zieht sich
zusammen und wird immer
kleiner und kleiner und wird
ganz winzig zuletzt und // 114
20 schmilzt zusammen und
schwindet hinweg und am Ende
ist es gar nicht mehr da
aber du
du wächst und
25 nimmst immer mehr
zu und dehnst dich aus und
blähst dich auf und
Abgewandt von den
Häusern den Strassen
den staubigen Bäumen
dem Platz mit den
05 kantigen Steinen
abgewandt von den
Linnen die von den Seilen
träge hängen der Schweiss
der letzten Nächte der letzten
10 Stunden darin die
Todesangst und das
Gestöhn wenn der
Morgen herankommt die letzten
in Schweiss gebadeten Stunden // 116
15 zugewandt mit dem
Gesicht den Felsen den schroffen
Hängen ins Meer
in den Spalten
wenige wenige Blüten
20 aber blau aber rot
und dann das Tor
schwarz und von der Flut
gleich wieder verschlossen
zugewandt dem
25 Strand mit den Kieseln
den leeren
Gräbern im Steilhang
dem Flügel der lautlos heran
gleitet und alles
30 zudeckt den Schimmer // 117
auslöscht die
bleierne Platte
der Duft darüber
von längst
35 versteinerten Blumen
hin und her irrend
abgewandt von den
Häusern dem
Staub und den Strassen
40 entschlossen
zugewandt dem offenen
Tor unterm
überhängenden Felsen
Erwartung.
Und wenn du durch das
öde Gehäuse, die leeren
Kammern und durch die
Galerien die Säle, die vielfach von deinen
05 Schritten widerhallen
vordrängst sähest du innen zuinnerst in der dämmrigen
Zelle weder den Rost noch die Kohlen
die darunter verglimmen. Doch der
Geruch von verbranntem versengtem // 119
10 Fleisch triebe dich alsbald
durch die Galerien die Säle die
Kammern durch das ganze
Gehäuse zurück.
O der Atem der Weite winzige
15 Falter und weiss
wölkend über den Büschen.
Oder wenn du dich unten durch die
Keller und durch die
Krypten wühltest die alten
Kleider in Fetzen zerfallend
05 in Fäden in farblose
Partikel die muffig röchen und durch
die Zellen mit toten
Ratten und den Geisseln der // 120
Mönche neben den aufge-
10 stapelten Kutten und in den
Kapuzen quieken
niedliche Mäuschen ein ganzes
Lager von dünnen Matratzen: dann stiessest
du erst am Ende ganz vorn auf die grossen
15 Kästen die schweren
Deckel fest zugeschraubt deine Füsse
versänken im Staub im
Moder unbestimmbarer
Herkunft aber durch ein verstecktes
20 Fenster ein Licht du fändest die enge
Treppe und oben
die Tür. O der
Atem der Weite und winzige
Falter stöben zahllos und weiss
25 hervor aus den Büschen.
Die Blei-
dächer glühen du hüpfst
mit brennenden Füssen
schreiend von Turm
05 zu Turm von einem
Giebel zum andern und dann
der Schall der
Glocken als käme
schon der Richter
10 am Himmel aber nicht
einmal eine einzige
Wolke und die weissen // 122
Kaninchen weit
davon entfernt sich zu fürchten
15 mampfen
Heu und blinken
am Fuss der
bebenden Kuppel
neugierig mit ihren
20 Augen obwohl sie doch schon seit heute früh
für dein Nachtmahl bestimmt sind.
Und weiter
zurückgezogen
und tiefer
im Dunst doch immer
05 noch wie die Wärme von ferne
über die grünen
leise bewegten
Gebirge von ferne unver-
mindert wehend und un-
10 verändert wehend
wehend herein.
Aber es wäre immer nur eine
Berührung sachte und für
einen Moment der
Küste von Polignano der
05 Kreuzung der Siebten
Avenue und der 42. Strasse
oder der grünen
Höhe im Sommer
mit Löwenzahn und Wiesen-
10 schaumkraut immer
nur eine Berührung und dann
wieder die Rückkehr mühelos
und ohne die Qual // 126
der Ablösung zurück
15 in die Höhle mit den
tropfenden Wänden und alle
Berührung erst dort im feuchten
Dämmer verdichtet
zum Traum und erst wirklich.
Und das Glitzern weit
unten weit wie
könnte es oben die dunklen
Schwaden erhellen die Jagd an-
05 halten und stillen
innen inmitten
die wütende Drehung?
Und die Enge
bedrängender noch
im verqueren Gehäuse.
Die Maulwürfe und die
05 aufgeworfenen Böden.
Aber die Lücken überall in den
Wänden die Blicke
hinaus auf die geballten
Wolken und auf das
10 kopflose Standbild.