Sollte es sich tatsächlich so verhalten, dass ein Schweizer Autor erst in seinen Dialektdichtungen seine volle Sprachkraft entfaltet, wäre das eine Bestätigung meiner Kritik am Schweizer Erziehungssystem: Dass es nämlich falsch ist, Kindern als erste und einzige Sprache in den fünf, sechs ersten Lebensjahren einen Dialekt beizubringen und nachher eine Hochsprache darüberzustülpen. Statt die Hochsprache, wenn man sie schon will, gleich von Anfang an im Umgang mit dem Kind zu verwenden. Was in den ersten Lebensjahren versäumt wurde, kann nie mehr nachgeholt // werden. Eine erst in der Schule erlernte Sprache bleibt immer eine „Kopfsprache“, wird den vollen „Herzton“ einer im frühkindlichen Alter osmotisch erworbenen Muttersprache niemals gewinnen. Meist wird das nicht bewusst und nicht sichtbar, weil der Vergleich fehlt, weil sich, auch heute noch, die wenigsten Schweizer, und schon gar nicht die Schweizer Dichter, des Dialekts für den schriftlichen Ausdruck bedienen.