Mit Paul zum Weintrinken und Cassata-essen im Gambrinus: er legt mir zusammenhängend und wohlbegründet dar, warum er an meiner „dichterischen Sendung“, wie er das nennt, zweifle. Ich sei zu bewusst, zu sehr lebend in den Zwischenbereichen, als dass ich zu dem spontanen Aufschwung noch fähig wäre, dessen der Dichter, der Lyriker insbesondere, bedürfte. Er fürchte sehr, ich müsste mich zum Aufschwung zwingen. In ein Pathos wider mich selber hineinsteigern.
02 Es ist merkwürdig, wie sehr man angewiesen ist auf Ermutigung, auf die auch noch so geheime Anerkennung durch Freunde und // Kameraden. Das fühlte ich diesem Falle wieder negativ: es entstand die schmerzhafte Empfindung, isoliert zu sein. Zugleich der Wille auch, zu prüfen und in jedem Falle das Wahre zu tun. Vielleicht komme ich doch noch endgültig in die Historie, wie man das auf der Fakultät allgemein vorauszusetzen scheint. Da spielt wohl sehr das Fachinteresse mit, der Selbsterhaltungstrieb einer wissenschaftlichen Zunft: sie muss sich selber wohl ernst nehmen, damit sie überhaupt existieren kann.
03 Kann nicht Dichtung aus dem Bewussten heraus geformt werden? Wobei es klar ist, dass die tiefere Kraft nach wie vor aus anderen Schichten heraufkommt. Ist nicht vielleicht der Grossteil moderner Lyrik Lyrik in meinem Sinn? Die Kunst Valérys, Mallarmés, Georges, R. A. Schroeders, F. G. Jüngers, um nur im engsten Kreis der Lyrik zu bleiben. Es ist klar, wir sind nicht mehr in der Romantik. Alles hat sich verändert, oder doch sehr vieles. Die Konturen der Dinge sind schärfer // geworden, die Welt unerbittlicher. Selbst dem Dichter fällt die Schau nicht mehr zu, er muss sie sich erkämpfen.