Sonntag, 15 November 1953

15.11.53

Man darf den Raum, aus dem der Stoff, den man sich poetisch anverwandeln muss, nicht zu eng wählen. Er kann sich immer wieder, er kann sich zumindest lange noch erweitern. Es sind hier die wunderbarsten Überraschungen möglich. Ist denn nicht jetzt schon meine Heimat die Antike, das katholische Mittelmeer und – doch auch – das Evangelium, wie es in der transalpinen Welt erfahren und geglaubt wird? Und was alles ist in diesen so umschriebenen Bereichen nicht implicite enthalten!

02 Nun, wenn ich Heimat sage, so weiss ich, wie sehr dies Zuhausesein, diese Kenntnis noch bloss Einfühlung ist, wie sehr sie also weithin // erst potentiell ist, sozusagen erst eingegeben, geschenkt und noch nicht geistig erworben. Und das Ziel müsste sein, alles doppelt zu besitzen.

03 Federico Garcia Lorca: ich beginne da langsam einzudringen. Eine höchste Möglichkeit der Dichtung, exemplarisch diese Durchglühung des scheinbar Äussersten, Entlegensten mit dem Innersten und Innigsten. Aber Äusseres und Entlegenes darf es gar nicht mehr geben, das ist das Prinzip dieses Gedichtes. So allein war ja der Barock, ist der Barock eine echte Möglichkeit. Er verlangt die grösste intensivste Kraft: unerschöpfliches, immer überströmendes Feuer.

  • Textart: Prosanotat
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Signatur: C-2-a/08
  • Werke / Chronos: Bd.6, 189

Inhalt: Tagebuchauszüge zur Poetik und zu einzelnen Gedichten
Datierung: 1948 – 1991
Umfang: Ausgewählte Textstellen aus ca. 20 Tagebuch-Heften
Signatur: C-2-a/01 …, C-2-c/01 … (Schachtel 77-79)

Wiedergabe: Textkonstitution ohne Verzeichnung der Korrekturen

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