Dienstag, 31 Januar 1950

Die Beziehung zum Vergangenen …*

Die Beziehung zum Vergangenen:

01 Da im Grunde nichts vergeht, es keine Abscheidung gibt von irgend einem wesentlich Zugehörigen, muss der Punkt erreicht werden, wo alle vergangenen Situationen zugleich erlebt werden können und zwar ohne dass sie sich Abbruch tun oder widersprechen, sondern so, dass sie alle zusammen erst ein ganzes Erlebnis bilden, die ganze erlebte Realität darstellen. Annäherung an diesen Punkt wäre praktische Annäherung an die Gestalt. Überflüssig zu sagen, dass auch dieser Punkt nicht erreicht werden kann, was die Leidenschaft der Annäherung nicht mindern, sondern steigern soll: es kann immer noch ein Mehreres erreicht werden. // 060 

02 Die Gefahr der Erstarrung mit dem zunehmenden Abstand von der Erschütterung: die Erschütterung als Quelle einer sich fortpflanzenden Bewegung. Sie muss also stets wieder in der Erinnerung reproduziert werden. Auch hier muss sich eine Beherrschung der Mittel immer mehr ausbilden, die Verfügung über den in der Tiefe ruhenden  Erinnerungstoff: alles Vergangene muss potentiell stets gegenwärtig sein.


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Die Beziehung zum Vergangenen:

01 Da im Grunde nichts ver-

geht, es keine Abscheidung gibt vom

von irgend einem wesentlich Zuge-

hörigen, muss der Punkt erreicht

werden, wo alle vergangenen Situatio-

nen zugleich erlebt werden

können und zwar ohne dass sie sich

Abbruch tun oder widersprechen,

sondern so, dass sie alle zusammen

erst ein ganzes Erlebnis bilden,

die ganze erlebte Realität

darstellen. Darin Annäherung an

diesen Puwäre praktische
diesen Punkt  ist  Annäherung an

die Gestalt. Überflüssig zu sagen,

dass auch dieser Punkt nicht erreicht

werden kann, was die Leidenschaft

der Annäherung nicht mindern, son-

dern steigern soll: es kann immer

noch ein Mehreres erreicht werden.

31.1.50 //

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02 Die Gefahr der Erstarrung mit

dem zunehmenden Abstand von der

Erschütterung: die Erschütterung als

Quelle einer sich fortpflanzenden

Bewegung. Sie muss also stets

wieder in der Erinnerung reprodu-

ziert werden. Auch hier muss sich

eine Beherrschung der Mittel im-

mer mehr ausbilden, die Verfügung

über dasen in der Tiefe ruhenden Er-

innerungsstoff: alles Vergangene muss

potentiell stets gegenwärtig sein.

31.1.50

 

  • Besonderes:

    Fortsetzung am gleichen Tag. Gleicher Text im Tagebuch, 31.1.1950

  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Prosanotat
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: C-2-b/03
  • Seite / Blatt: 059, 060 (oben)

Inhalt: Notizen, Prosa, 71 Entwürfe zu 54 Gedichten (8 Endfassungen)
Datierung: 7.12.1949 – 10.11.1950
Textträger: Blaues Notizbuch, liniert; Bleistift
Umfang: 144 beschriebene Seiten
Publikation: Gesicht im Mittag (7 Gedichte), Verstreutes (3 Gedichte)
Signatur: C-2-b/03 (Schachtel 79)
Bilder: Ganzes Buch (pdf)

Spätere Stufen: Manuskripte 1948-51, Typoskripte 1945-50, 1948-50, Kutter
Kommentar: 9 Texte rhythmische Prosa, 21 reine Prosanotate, 1 Briefentwurf
Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften (3 private Prosanotate nicht erschlossen)

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