Freitag, 09 Dezember 1949

Du stehst so hoch …* (b*)

Du stehst so hoch, o reine Göttin des Gelingens, ob mich deine Schwinge jemals streift? Du Vertriebne aus dem angestammten Reich, dem du die Siegeskränze botest ein Jahrtausend lang: wirst du den späten Erben derer dulden, des starke Ahnen du so ohne Mass geliebt? Er trägt das ihre, siehst du, wenn auch ohne Waffen, er trägt das Ihre, // 011 zitternd, die Gestalt. 

02 Die meisten gingen seit an deinem Bild vorbei und suchten in den Höhlen der wilden Väter einen eignen Geist. Doch fanden sie dort nur verdorbnen, wilden Honig und gaben Saures den schon zu sauren Brüdern. Du bliebst allein in leerer Halle, doch ohne Ungeduld. Du bedurftest ihrer nicht, wie deiner sie bedurften (ob sies auch wussten nicht). Nur wenige fanden zurück den Weg zu dir, die hellsten, die wahrten deines alten Volkes Art. 

03 So komm auch ich, ich wag es, zager Spätling, mit kleiner Gabe und bitte, dass du mich einmal nur mit deiner Schwinge streifst, so hoch du stehn auch magst, o reine Göttin // 012 des Gelingens.


Seite 010 (C-2-b_03_010.jpg)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Du stehst so hoch, reine
Du stehst so hoch, o  Göttin des Gelingens,

ob mich deine Schwinge jemals streift?

Du Vertriebne aus dem angestammten

Reich, dem du die Siegeskränze botenst

ein Jahrtausend lang: wirst du den

späten Erben derer dulden, des star-

ke Ahnen du so ohne Mass geliebt?

Er trägt das ihre, siehst du, wenn

auch ohne Waffen, er trägt das Ihre, //

Seite 011 (C-2-b_03_011.jpg)

zitternd, die Gestalt.

02 Die meisten gingen seit an deinem 

deinem Bild vorbei und suchten

in den Höhlen der wilden Väter ihr 

einen eignen Geist. Doch fanden

sie dort nur verdorbnen, wilden

Honig und gaben Saures den

schon zu sauren Brüdern.

Du bliebst allein in leerer Halle,

doch ohne Ungeduld. Du bedurftest

ihrer nicht, wie deiner sie be-

durften (ob sies auch wussten nicht).

Nur wenige fanden zurück den Weg

zu dir, die hellsten, die wahrten

deines alten Volkes Art.

03 So komm auch ich, ich wag es, zager

Spätling, mit kleiner Gabe und

bitte, dass du mich einmal nur mit

deiner Schwinge streifst, so hoch

du stehn auch magst, o reine Göttin // 

Seite 012 (C-2-b_03_012.jpg)


des Gelingens. 

9.12.49

 

  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Prosagedicht
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: C-2-b/03
  • Seite / Blatt: 010 (unten), 011, 012 (oben)

Inhalt: Notizen, Prosa, 71 Entwürfe zu 54 Gedichten (8 Endfassungen)
Datierung: 7.12.1949 – 10.11.1950
Textträger: Blaues Notizbuch, liniert; Bleistift
Umfang: 144 beschriebene Seiten
Publikation: Gesicht im Mittag (7 Gedichte), Verstreutes (3 Gedichte)
Signatur: C-2-b/03 (Schachtel 79)
Bilder: Ganzes Buch (pdf)

Spätere Stufen: Manuskripte 1948-51, Typoskripte 1945-50, 1948-50, Kutter
Kommentar: 9 Texte rhythmische Prosa, 21 reine Prosanotate, 1 Briefentwurf
Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften (3 private Prosanotate nicht erschlossen)

Weitere Fassungen

Notizbuch 1950 (alph.)
(Total: 91 )
Notizbuch 1950 (Folge)
(Total: 91 )
Suchen: Notizbuch 1950