Die Taube Was herabfällt …
Was aber nicht leicht herabfällt,
das ist eine silberne Taube: man glaubt,
dass man sie schon in der Hand hält,
dann ist es bloss ein Federball,
05 mit dem auf dem Balkon zwei Kinder spielten.
Oder, noch schlimmer, es ist
eine Büchse mit denm
stinkenden Restent von Sardellen. Man läuft
sein Leben lang durch die Städte und auch
10 nahe entlang den Häusern, von denen
niederhängt ein Ziegel mit der
Warnung: Achtung Dachdeckerarbeiten. Man läuft
ihnen trotzdem entlang, weil man //
( – lächerlicherweise –) immer noch glaubt,
15 es falle die silbergefiederte Taube
einem in die Hand und sträube
wohlig die silbernen Federn. Und eher
doch ist es ein Ziegel, der einen erschlägt,
eher ein Blumentopf, den die Putzfrau
20 unvorsichtig vom Sims stösst,
was herabfällt. … Aber
du lachst: Was denkst du von mir: Nie hab
ich
auf irgend etwas, nie
hab ich auf eine Taube gewartet.
25 Missverständnis, Taube, das Schwirren,
das Fallen,
die gesträubten silbernen Federn. Ich werde¿nigstens //
will gehen mit geöffneter Hand auch | da,
wo man Dächer
neu deckt und wo mander Schnee in grossen
30 Brocken rutscht und poltert, ich will
immer gehen, Tag und Nach ↓den Häusern
immer gehen, Tag und Nacht entlang den
Häusern
entlang [. Denn sicher fällt mir
einmal die Taube herab in die offne
Hand, warm und atmend und sträubt
die silbernen ]
die silbernen und durch die Pfützen / mit
meinen
auch mit
meinen
dünnen Schuhen, die man lang schon neu //
35 schmieren müsste. Sicher fällt mir
einmal die Taube herab in die offne
Hand und sträubt, warm und atmend,
die silbernen Federn. Aber bald weiss sie,
sie muss
sich vor mir nicht fürchten, und schläft.
40 Was nicht leicht herabfällt ist eine
Taube mit silbernen Federn.
28.I.1959