Entstanden: 01. April 1955

Nah liegst du im Dunkel, wo
deine Träume süsslich faulen
und dein Blut, das lang floss
mit den Schiffen, den schwarzsegligen,
05 den vielen, deiner Trauer, und den
wenigen hellen der Freuden,
durch die Städte, deren du keine
zu betreten vermochtest:

nah liegst du im Dunkel, wo schon
10 der Wurm an deine Kammer
pocht dem Ufer des
tiefen Sees, vor dessen
Schlamm und blumenlos
blinder Fläche du dich immer gefürchtet.

15 Gefürchtet, als du den
Bruder am Ausgang überraschtest // 098
und aufschrakst, weil er
dich ansah, ertappt auf einsam unheimlichem Weg.

Du sahst ihn verschwinden im Schilf
20 und zum ersten Mal, als ers mit Armen zerteilte,
das Wasser des Sees,
dem du jetzt nah liegst,
wo es schon leis pocht an deine Zelle.
Da steht still der Blutstrom, und vor
25 Anker liegen deine vielen schwarzsegligen
Schiffe und deine wenigen hellsegligen,
die es lang trieb durch die Städte,
deren du keine zu betreten vermochtest, wie sehr
du auch batest, dass man dir
30 hinunterlasse den Steg zur Landung. // 099

Sitzen auf dem roten Sofa im Turm
mit dem Ritter, der die
Windfahne hält;
mit den Schwestern sitzen
35 und von den Freundinnen plaudern.

Du sitzest unter den Schwestern im Zimmer
und schaust durch das Fenster
hinein auf den Blutstrom mit den
vielen schwarzsegligen Schiffen
40 und den wenigen weisssegligen .....

Infos
  • Besonderes: V. 31-35 und 36-40 vermutlich Ansätze für neuen Anfang, datiert: 4.4. und 5.4.1955
  • Letzter Druck: Die verwandelten Schiffe 1957
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Erste Fassung
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: A-5-c/07
  • Seite / Blatt: 097, 098, 099