Synopse

(6)
Donnerstag, 21 April 1949    (    )

Schnelle Wasser, schnelle Regung …*

Schnelle Wasser, schnelle Regung. Zug der Tiefe. Grüner Zauber. Wogen ist und weiter Schimmer. Tag des Aufgangs, Tag der Funken. Gluten in Grotten. Und es gehn die wechselnden Schatten. Fliehn nach dem Traumbild. Morgen-Erscheinung. Schon ist die Nacht, schon Schimmer verloren: 
Morgen ist rot 
glüht die Erwartung 
Berge empört 
05 wider das Zaudern der Dämmrung 
rufen dem Licht. 
Alles will Mittag. 
Wo aus den Flächen 
tritt die Gestalt. // 023
10 die Tanzenden werfen die Hüllen 
im Feste des Daseins: 
Durst sichtbar zu sein 
genau sichtbar und ohne Zweifel 
Bäume im März 
15 in den ersten warmen Tagen 
doch noch kahl 
und ohne Verwischung 
oder dann anders im hohen Sommer: 
in der Fülle gerundet des Laubs. 
20 Reife Klarheit der vollkommnen Rundung. 
Kronen der alten Kastanien. 
Wirbel, Wirbel der frühen Stunden 
des Märzen, Aprils 
endlich geklärt: 
25 ruhiger Fluss 
(wie schon einmal klar und eisig im Winter ) 
jetzt mit der Fülle der Wasser 
hochrauschend und gross // 024
besonnenen Gangs. 
30 Diese Kugel ist anders 
des Lebendigen ist die Menge darin: 
Fische und Vögel und in Wäldern die Tiere, 
Elefanten in grossen Herden 
still ziehn sie durch das Gebüsch 
35 den Wassern zu, 
der grünen Kühlung 
des heiligen Waldes 
Und nah überall 
die Liebenden stets: 
40  Bilder des Alls ohne Makel. 
Nach den Stürzen 
bleibt der Gott noch in ihnen. 
Sie sind der Gott. 
Und das Reine 
45  glänzt über ihnen 
die vollkommene Kuppel 
des Daseins 
unverletzte Rundung. // 025
Lange ersehnt 
50  lange erharrt 
ist wieder da 
der rauschende Kommer
in den Locken die Reben 
und in Händen 
55  den Leben lösenden Stab: 
auf den Bergen die Feuer 
unsterblicher Feste. 
Höhe reicht der Höhe 
die neue Freude 
60  Hier ist der Raum der Versöhnung 
Und der Hader bleibt tief 
den Bächen der Schluchten: 
von überall her 
ziehn die Wunden herauf 
65  die in Kämpfen Zerschlagnen. 
Heilender Tanz 
der sie erneut 
gesund ist die Höhe 
gesund ist der Wein

In: Notizbuch 1949
Samstag, 23 April 1949    (    )

Morgen ist rot …* (a)

Morgen ist rot
glüht die Erwartung
Berge empört
wider das Zaudern der Dämmrung
05 rufen das Licht.
Alles will Mittag.
Wo aus den Flächen
tritt die Gestalt.
Die Tanzenden werfen die Hüllen
10 im Feste des Daseins:
Durst sichtbar zu sein
genau sichtbar und ohne Zweifel
Bäume im März
in den ersten warmen Tagen
15 noch kahl ohne Verwischung
oder dann anders im hohen Sommer
in der Fülle gerundet des Laubs
Kronen der alten Kastanien.
Wirbel Wirbel der frühen Stunde
20 des Märzen, Aprils
endlich geklärt:
ruhiger Fluss
(wie schon einmal klar und eisig im Winter)
jetzt mit der Fülle der Wasser 
25 hochrauschend und grell.
besonnenen Gangs.
Diese Kugel ist anders
des Lebendigen ist die Menge darin:
Fische und Vögel sind
30 und in Wäldern die Tiere
Elefanten die grosse Herde ||
zieht still durchs Gebüsch
den Wassern zu
der grünen Kühlung
35 und überall
die Liebenden stets.
Bilder des Alls ohne Makel 
Nach den Stürzen
bleibt der Gott noch in ihnen.
40 Sie sind der Gott.
Und das Reine
glänzt über ihnen
die vollkommene Kuppel,
des Daseins unverletzte Rundung:

45 lange ersehnt
lange erharrt
ist wieder da
der rauschende Kommer 
in den Locken die Reben
50 und in Händen
den Leben lösenden Stab:
auf den Bergen die Feuer
unsterblicher Feste:
Höhe reicht Höhen
55 die neue Freude.
Hier ist der Raum der Versöhnung.
Und der Hader bleibt tief
den Bächen und Schluchten: 
von überallher ziehn die Wandrer herauf
60 die in Kämpfen Zerschlagnen.
Heilender Tanz
der sie erneut,
gesund ist die Höhe
gesund ist der Wein.

In: Manuskripte 1948-51
Samstag, 23 April 1949    (    )

Diese Kugel ist anders …* (b)

Diese Kugel ist anders
des Lebendigen ist
die Menge darin:
Fische und Vögel
05 und in Wäldern
ängstliche Tiere
Elefanten die grosse Herde
zieht durchs Gebüsch
den Wassern zu
10 der grünen Kühlung[.] 
endlich geklärtem
ruhigem Fluss
(wie schon einmal ruhig er war
eisig im Winter)
15 jetzt mit der Fülle der Wasser
besonnenen Gangs.
Unter Bäumen
in der Fülle gerundet des Laubs
Kronen der alten Kastanien
20 klar und ohne Verwischung
(so wie einst schon im März
 in den ersten warmen Tagen
 noch kahl und zweifellos deutlich).

Überall an den Wegen
25 Liebende stets
Bilder des Alls ohne Makel. 
Nach den Stürzen 
bleibt der Gott noch in ihnen. 
Sie sind der Gott  
30 Und über ihnen 
glänzt, wo sie auch sind
die vollkommene Kuppel.

Auf dem Berge aber
führt herbei
35 lange erharrt
lange ersehnt ||
der rauschende Kommer 
das Licht,
in Locken die Reben 
40 in Händen 
den lösenden Stab.
O auf den Bergen die Feuer 
unsterblicher Feste. 
Höhe reicht Höhen
45 die Freude.
Hier ist der Raum der Versöhnung.
Der Hader bleibt tief 
den Bächen und Schluchten: 
von überall ziehn
50 die Wandrer herauf 
in Kämpfen zerschlagne. 
Heilender Tanz der sie erneut 
Die Tänzer werfen die Hüllen
im Feste des Daseins
55 Durst sichtbar zu sein
genau und ohne Zweifel.
Heil ist die Höhe,
heil ist der Wein.

In: Manuskripte 1948-51
Sonntag, 24 April 1949    (    )

Diese Kugel ist anders …* (c)

Diese Kugel ist anders:
des Lebendigen ist
die Menge darin:
Fische und Vögel
05 in Wäldern
ruhige Tiere.
Der Elefanten durstige Herde
zieht gemächlich zum Fluss
dem in Fülle endlich geklärten
10 nach dürftiger Klarheit des Winters
und geht unter Bäumen
die strotzen im Laub
zu Reichtum gewachsener Kronen.

Überall an den Wegen
15 ruhen Liebende jetzt
Bilder des Alls ohne Makel. 
Nach den Stürzen 
bleibt der Gott noch in ihnen. 
Der Gott, das sind sie
20 und, wo sie auch sind
glänzt die Kuppel vollkommen. 

Auf das Gebirg
führt herab
der rauschende Kommer 
25 das Licht
in Locken die Reben 
in Händen den lösenden Stab. ||
Es lohen die Feuer 
langerwarteter Feste. 
30 Höhe reicht Höhen
die Freude:
hier ist der Raum der Versöhnung.
Aus Bächen
und Schluchten des Haders
35 ziehen herauf
die in Kämpfen Zerschlagnen[.]
zum Tanz der erneut: 
und werfen die Hüllen
dürstend nach Klarheit
40 zu sehen und sichtbar zu sein
über den Zweifeln:
Heil ist die Höhe
Heil ist der Wein.

In: Manuskripte 1948-51
Montag, 25 April 1949    (    )

Anders …* (d)

Anders
ist diese Kugel
alles Lebendigen voll:
Fische und Vögel
05 in Wäldern
ruhige Tiere.
Der Elefanten durstige Herde
zieht gemächlich zum Fluss
dem in Fülle endlich geklärten
10 nach dürftiger Klarheit des Winters
und geht unter Bäumen
die strotzen im Laub
zu Reichtum gewachsener Kronen.

Auf das Gebirg
15 führt herab
der rauschende Kommer 
das Licht.
Höhe reicht Höhen
die Freude.
20 Aus Schluchten des Haders
ziehen herauf
die in Kämpfen Zerschlagnen[.]
und werfen die Hüllen
dürstend nach Klarheit
25 zu sehen und sichtbar zu sein ||
im Tanz der Versöhnung
der neuen Kugel des Lebens.

Überall
ruhen Liebende bald:
30 nach dem Feste
bleibt der Gott noch in ihnen.
Wo sie auch sind
glänzt die Rundung vollkommen.

In: Manuskripte 1948-51
Dienstag, 26 April 1949    (    )

Anders …* (e)

Anders
ist diese Kugel:
voll der Fische und Vögel
und des flüchtigen
05 Wilds in den Wäldern.

Der Elefanten
durstige Herde
zieht gemächlich zum Fluss
dem in Fülle endlich geklärten
10 nach dürftiger Klarheit des Winters;
geht unterm strotzenden Laub
vollendeter Bäume,

Auf das Gebirg
führt herab
15 der rauschende Kommer 
das Licht
Höhe reicht Höhen
die Freude.
Aus Schluchten des Haders
20 ziehn herauf
die in Kämpfen Zerschlagnen
und werfen die Hüllen
dürstend nach Klarheit
zu sehen und sichtbar zu sein
25 im Tanz der Versöhnung.

Überall
ruhen Liebende bald:
nach dem Feste
bleibt der Gott noch in ihnen.
30 Wo sie auch sind
glänzt die Kugel vollkommen.

In: Manuskripte 1948-51
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