Dienstag, 07 August 1951

Von Max Rychner, 7.8.1951

Sehr geehrter Herr Räber,

ich habe gelesen und dreimal gewählt: 
Eine schwere Dolde,
Wäre dieser Strom,
Nimmer fand ich die Rose.

So fand ich es am besten für Leser, die zum erstenmal den Zugang zu Ihren Versen finden müssen.

An einem Gedicht habe ich einen Zusammenlauf von Abstrakta angezeichnet, die mich in dieser Häufung nur als Schall erreichten. Sonst fand ich in der Verbindung von Straffheit und Schwebe wohlgeglückte Gebilde, erfreuend gekonnt. //

Als Gefährdung sehe ich:

α) Monotonie;

β) Nicht individualisierte Bilder (Strom, Berg, Wald), die den Leser zu keiner Vorstellung zwingen, sondern ihn aus der nur idealtypisch vorgestellten Welt entlassen; daher denn auch:

γ) Gewählte, aber kraftlose Worte, die in andern Dichtungen ihre Würde gewannen, sie aber in jeder neuen neu gewinnen müssen. Sie sollten zuoberst in einer spürbar gemachten Hierarchie stehen, nicht allzu demokratisch unterschiedslos nebeneinander.

Darf ich Ihnen das zu bedenken geben? Ich glaube, dass man rundum schauen muss, um ungefährdet dort zu stehen, wo man stehen soll. Hat Konrad Weiss bei Ihnen eine Rolle gespielt?

Mit freundlichem Gruss der Ihre
Max Rychner

  • Besonderes:

    Beidseitig beschrieben; Briefkopf: DIE TAT / Redaktion / ZÜRICH, LIMMATSTRASSE 152 / Telephon 27 12 55

    Abdruck der 3 Gedichte in Die Tat, Nr. 188, 14.7.1951

  • Letzter Druck: GESICHT IM MITTAG 1950
  • Textart: Brief
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Signatur: B-4-c-GEDI__002

Inhalt: Briefstellen zur Gedichtproduktion
Signatur: Vgl. Angabe bei den einzelnen Texten

Kommentar: Die Auswahl ist beschränkt auf einige wenige Briefe, v. a. aus der Verlagskorrespondenz;
vgl. auch einige Briefentwürfe Raebers in den Notizbüchern
Wiedergabe: Textkonstitution ohne Verzeichnung der Korrekturen

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