Synopse

(12)
Sonntag, 11 März 1956    (    )

Die Archäologen in San Clemente

Dem Altertumsforscher in San Clemente 

Das ist gefährlich,
dass du dich wunderst über die Kraft
der späten Mosaiken der Apsis, 
dass ihnen fast gelingt,
Blumengewinde und Tauben und Brunnen der
frühen vorzutäuschen: 
05 ein halbes Jahrtausend und mehr, deinen Theorien
gänzlich zuwider, 
zu überspringen. Aufs Überspringen
gerade kommt es doch an.
Und das ist gefährlich,
dass du die vielen Stufen hinabsteigst mit den Füssen
10 doch oben bleibst sonst, gänzlich. // 080
Denn wenn du unten in des Heiligen Grabhaus
das Kind mit der Mutter gefunden,
kommst du vielleicht noch heilen Auges aus der
am Abend des Festes zurückflutenden Woge:
Aber nochmals tiefer, in der von frühher
ausgezogenen Mönchen erschlossenen Höhle,
entkommst du der Woge nicht mehr;
jetzt ist es Blut, darin du aufbrüllst mit dem Stier // 081
15 unter dem gleichmütigen Messer des Knaben,
Blut, das dich umwogt und schnell aufsteigt
bis zum Scheitel,
wohin deine Hand im schnellen Reflex greift:
es wundert dich, seit wann du sie trägst,
das ist dein letzter Gedanke: seit wann trag ich
die phrygische Mütze?

In: Notizbuch 1955-57

Dass du dich wunderst über die Mosaiken der Apsis, 
weil es ihnen gelingt, Blumengewinde und Tauben und Brunnen der 
frühen 
vorzutäuschen und so das halbe Jahrtausend, 
das deine Gelehrsamkeit dazwischengeschoben, 
05 einfach zu überspringen: 
Dass dich, Ahnungslosen, das wundert, 
schon das ist gefährlich. 

Es ist gefährlich, dass du die vielen Stufen 
mit den Füssen hinabsteigst, 
10 doch sonst oben bleibst gänzlich: 
Denn wenn du in des Heiligen Grabhaus das Kind auf der Stufe 
des Altars gefunden, 
kommst du vielleicht noch heilen Auges aus der am Abend des Festes 
zurückflutenden Woge. 

Aber nochmals tiefer, 
in der neulich erschlossenen Höhle, 
15 entkommst du der Woge so nicht mehr: 
jetzt ist es Blut, darin du aufbrüllst mit dem Stier 
unter dem Messer des gleichmütigen Knaben, // 02
Blut, das dich umwogt und dir schnell steigt bis zum Scheitel, 
wohin deine Hand im Reflex greift. 
20 Dann wundert es dich, zu spät, seit wann du sie trägst, 
– das ist dein letzter Gedanke –; seit wann trag ich die phrygische 
Mütze?

In: Manuskripte 1956
Mittwoch, 06 Juni 1956    (    )

San Clemente: An einen Archäologen (B)

Dass du dich wunderst oben über die Mosaiken der Apsis, 
weil es ihnen gelingt, Blumengewinde und Tauben und Brunnen der frühen 
vorzutäuschen und so das halbe Jahrtausend, 
das deine Gelehrsamkeit dazwischengeschoben, 
05 einfach zu überspringen: 

Dass dich, Ahnungslosen, das wundert, 
schon das ist gefährlich. 

Es ist gefährlicher, dass du <die> vielen 
Stufen zwar mit den Füssen hinabsteigst, 
10 doch sonst oben bleibst: 
Denn wenn du in des Heiligen Grabhaus das Kind auf der Stufe 
des Altars gefunden, 
kommst du vielleicht noch heilen Auges aus der am Abend 
des Festes zurückflutenden Woge. 

Aber nochmals tiefer, 
15 in der erst neulich erschlossenen unteren Höhle, 
entkommst du der Woge so nicht mehr: 
jetzt ist es Blut, darin du, Stier, 
aufbrüllst unter dem Messer des gleichmütigen Knaben, 
Blut, das dich umwogt und dir schnell steigt bis zum Scheitel, 
20 wohin deine Hand im Reflex greift. // 04
Dann fragst du dich, zu spät, seit wann du 
sie trägst – das ist dein letzter Gedanke –; 
seit wann trag' ich die phrygische Mütze?

In: Manuskripte 1956

01 Dass du dich wunderst, oben, über die späten Mosaiken der Apsis, weil es ihnen gelingt, Blumengewinde und Tauben und Brunnen der frühen vorzutäuschen und so das halbe Jahrtausend, das deine Gelehrsamkeit dazwischengeschoben, einfach zurückzuspringen: Dass dich, Ahnungsloser, das wundert, schon das ist gefährlich. 

02 Es ist gefährlicher, dass du die vielen Stufen zur Unterkirche hinabsteigst und in des Heiligen Grabhaus findest das Kind auf der Stufe des Altars: denn wer weiss, ob du entkommst der am Abend des Festes plötzlich zurückflutenden Woge? 

03 Aber nochmals tiefer in der erst neulich erschlossenen untersten Höhle, entkommst du sicher nicht mehr der Woge: jetzt ist es Blut, darin du, Stier, aufbrüllst unter dem Messer des gleichmütigen Knaben, Blut, das dich umwogt und dir schnell steigt bis zum Scheitel, wohin deine Hand im Reflex greift. Dann fragst du dich, freilich zu spät, seit wann du sie trägst – das ist dein letzter Gedanke –: seit wann trag' ich die phrygische Mütze?

In: Manuskripte 1956
Donnerstag, 07 Juni 1956    (    )

San Clemente: Epistel (D)

Aber nochmals tiefer in der zuletzt erschlossenen untersten Höhle
entkommst du der Woge sicher nicht mehr: 
dem Blut, das steigt und in Gurgeln 
erstickt das Aufbrüllen des Stiers 
05 unterm Messer des gleichmütigen Gottes, 
dir schnell steigt bis zum Scheitel, 
wohin deine Hand im Reflex greift. 
Dann fragst du dich noch, seit wann du sie trägst: 
seit wann trag’ ich die phrygische Mütze?

In: Manuskripte 1956
Freitag, 08 Juni 1956    (    )

San Clemente: Epistel (E)

Dass du dich wunderst, oben,
über die späten Mosaiken der Apsis,
weil es ihnen gelingt, 
Blumengewinde und Tauben und Brunnen der frühen 
05 vorzutäuschen und so das halbe Jahrtausend, 
das deine Gelehrsamkeit dazwischenschob, 
einfach zurückzuspringen: 
Dass dich, Ahnungslosen, das wundert, 
schon das ist gefährlich. 

10 Es ist gefährlicher, dass du die vielen 
Stufen zur Unterkirche hinabsteigst 
und in des Heiligen Grabhaus findest 
vor dem Altar das Kind: 
denn wer weiss, ob du entkommst 
15 der am Abend zurückflutenden Woge? 

Aber nochmals tiefer, 
in der zuletzt erschlossenen untersten Höhle, 
entkommst du sicher nicht mehr der Woge: // 08
dem Blut, das steigt und in Gurgeln 
20 erstickt das Aufbrüllen des Stiers 
unterm Messer des gleichmütigen Gottes; 
dir schnell steigt bis zum Scheitel, 
wohin deine Hand im Reflex greift: 
Und du wunderst dich nur noch, 
25 seit wann du sie trägst: 
„Seit wann trag' ich die phrygische Mütze?“

In: Manuskripte 1956
Montag, 29 Oktober 1956    (    )

San Clemente: Epistel an einen Gelehrten (F)

Dass du dich wunderst oben 
über die Mosaiken der Apsis, 
weil die späten Blumengewinde und Tauben und Brunnen 
Zwillinge der frühen sind 
05 und löschen ein halbes Jahrtausend 
.............

In: Manuskripte 1956
Montag, 29 Oktober 1956    (    )

San Clemente: Epistel an einen Gelehrten (G)

Dass du dich wunderst, oben, über die Mosaiken der Apsis, weil die späten Blumengewinde und Tauben und Brunnen Zwillinge der frühen sind und löschen ein halbes Jahrtausend: Dass dich, gelehrten Ahnungslosen das wundert, schon das ist gefährlich. 

02 Gefährlicher ist, dass du die vielen Stufen zur Unterkirche hinabsteigst und in des Heiligen Grabhaus vor dem Altar findest das Kind: denn wer weiss, ob du der am Abend zurückflutenden Woge entkommst? 

03 Aber nochmals tiefer, in der zuletzt erbrochenen untersten Grotte, entkommst du sicher nicht mehr der Woge des Bluts, die steigt und das Aufbrüllen des Stiers unterm Messer des gleichmütigen Gottes in Gurgeln erstickt; die dir schnell steigt bis zum Scheitel, wohin deine Hand im Reflex greift. – Und du wunderst dich nur noch, seit wann du sie trägst: "Seit wann trag' ich die phrygische Mütze?"

In: Manuskripte 1956
Mittwoch, 07 November 1956    (    )

San Clemente: Epistel an einen Gelehrten (H)

Dass du dich wunderst, oben, über die Mosaiken der Apsis, weil die späten Blumengewinde und Tauben und Brunnen Zwillinge der frühen sind und löschen ein halbes Jahrtausend: Dass dich, Ahnungslosen, das wundert, schon das ist gefährlich. 

02 Gefährlicher ist, dass du die vielen Stufen zur Unterkirche hinabsteigst und das Kind vor dem Altar im Grabhaus des Heiligen findest; denn wer weiss, ob du der schon zurückflutenden Woge entkommst? 

03 Aber nochmals tiefer, in der zuletzt erbrochenen untersten Grotte, entkommst du sicher nicht mehr der Woge des Bluts, die steigt und das Aufbrüllen des Stiers unterm Messer des gleichmütigen Gottes in Gurgeln erstickt; die dir schnell steigt bist zum Scheitel, wohin deine Hand im Reflex greift. – Und du wunderst dich nur noch, seit wann du sie trägst: „seit wann trag' ich die phrygische Mütze?“

In: Manuskripte 1956

Dass du dich wunderst, oben, über die Mosaiken der Apsis, weil die späten Blumengewinde und Tauben und Brunnen Zwillinge der frühen sind und löschen ein halbes Jahrtausend: Dass dich, Ahnungslosen, das wundert, schon das ist gefährlich. 

02 Gefährlicher ist, dass du die vielen Stufen zur Unterkirche hinabsteigst und das Kind vor dem Altar im Grabhaus des Heiligen findest: denn wer weiss, ob du der Woge entkommst, wenn sie am Abend zurückkehrt? 

03 Aber nochmals tiefer, in der zuletzt erbrochenen untersten Grotte, entkommst du sicher nicht mehr der Woge des Bluts, die steigt und das Aufbrüllen des Stiers unterm Messer des gleichmütigen Gottes in Gurgeln erstickt; die dir schnell steigt bis zum Scheitel, wohin deine Hand im Reflex greift. – Und du wunderst dich nur noch, seit wann du sie trägst: "seit wann trag' ich die phrygische Mütze?"

In: Manuskripte 1956
Datiert: 1956    (    )

Warnung an einen Besucher von San Clemente

Dass du dich wunderst, oben, über die Mosaiken der Apsis, weil die späten Blumengewinde und Tauben und Brunnen Zwillinge der frühen sind und löschen ein halbes Jahrtausend: Dass dich, Ahnungslosen, das wundert, schon das ist gefährlich.

02 Gefährlicher ist, dass du die vielen Stufen zur Unterkirche hinabsteigst und das Kind vor dem Altar im Grabhaus des Heiligen findest: denn wer weiss, ob du der Woge entkommst, wenn sie am Abend zurückkehrt?

03 Aber nochmals tiefer, in der zuletzt erbrochenen untersten Grotte, entkommst du sicher nicht mehr der Woge des Bluts, die steigt und das Aufbrüllen des Stiers unterm Messer des gleichmütigen Gottes in Gurgeln erstickt; die dir schnell steigt bis zum Scheitel, wohin deine Hand im Reflex greift. – Und du wunderst dich nur noch, seit wann du sie trägst: "Seit wann trag' ich die phrygische Mütze?".

In: Typoskripte 1956
Datiert: 1957    (    )

WARNUNG AN EINEN BESUCHER VON SAN CLEMENTE

Daß du dich wunderst, oben, über die Mosaiken der Apsis, weil die späten Blumengewinde und Tauben und Brunnen Zwillinge der frühen sind und löschen ein halbes Jahrtausend: Daß dich, Ahnungslosen, das wundert, schon das ist gefährlich.

02 Gefährlicher ist, daß du die vielen Stufen zur Unterkirche hinabsteigst und das Kind vor dem Altar im Grabhaus des Heiligen findest: denn wer weiß, ob du der Woge entkommst, wenn sie am Abend zurückkehrt?

03 Aber nochmals tiefer, in der zuletzt erbrochenen untersten Grotte, entkommst du sicher nicht mehr der Woge des Bluts, die steigt und das Aufbrüllen des Stiers unterm Messer des gleichmütigen Gottes in Gurgeln erstickt; die dir schnell steigt bis zum Scheitel, wohin deine Hand im Reflex greift. – Und du wunderst dich nur noch, seit wann du sie trägst: «Seit wann trag' ich die phrygische Mütze?»

In: Die verwandelten Schiffe 1957
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