Montag, 29 Oktober 1956

San Clemente: Epistel an einen Gelehrten (G)

Dass du dich wunderst, oben, über die Mosaiken der Apsis, weil die späten Blumengewinde und Tauben und Brunnen Zwillinge der frühen sind und löschen ein halbes Jahrtausend: Dass dich, gelehrten Ahnungslosen das wundert, schon das ist gefährlich. 

02 Gefährlicher ist, dass du die vielen Stufen zur Unterkirche hinabsteigst und in des Heiligen Grabhaus vor dem Altar findest das Kind: denn wer weiss, ob du der am Abend zurückflutenden Woge entkommst? 

03 Aber nochmals tiefer, in der zuletzt erbrochenen untersten Grotte, entkommst du sicher nicht mehr der Woge des Bluts, die steigt und das Aufbrüllen des Stiers unterm Messer des gleichmütigen Gottes in Gurgeln erstickt; die dir schnell steigt bis zum Scheitel, wohin deine Hand im Reflex greift. – Und du wunderst dich nur noch, seit wann du sie trägst: "Seit wann trag' ich die phrygische Mütze?"


Blatt 10 (A-5-c_13_126.jpg)

FG San Clemente: Epistel an einen Gelehrten 

01 Dass du dich wunderst, oben, über die Mosaiken der Apsis,

weil die späten Blumengewinde und Tauben und Brunnen Zwillinge

der frühen sind und löschen ein halbes Jahrtausend: Dass dich,

gelehrten Ahnungslosen das wundert, schon das ist gefährlich. 

Es ist gefährlicher

02 Gefährlicher ist, dass du die vielen Stufen zur Unterkirche

hinabsteigst und in des Heiligen Grabhaus vor dem Altar findest

das Kind: denn wer weiss, ob du der am Abend zurückflutenden

Woge entkommst? 

03 Aber nochmals tiefer, in der zuletzt erbrochenen untersten

Grotte, entkommst du sicher nicht mehr der Woge des Bluts, ie
Höhle, entkommst du sicher nicht mehr der Woge des Bluts, dieas

steigt und in Gurgeln das Aufbrüllen des St↓↓in Gurgeln erstickt↓↓ unterm
steigt und in Gurgeln das Aufbrüllen des Stiers erstickt unterm

Messer des gleichmütigen Gottes ↔; die dir schnell steigt bis zum Scheitel,

wohin deine Hand im Reflex greift. – Und du wunderst dich nur

noch, seit wann du sie trägst: „Seit wann trag' ich die phrygische Mütze?“

29.10.56

 

  • Besonderes:

    Verso: Typoskript (Sebastian Franck, S. 79)

  • Letzter Druck: Die verwandelten Schiffe 1957
  • Textart: Prosagedicht
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: A-5-c/13_015
  • Seite / Blatt: 10

Inhalt: 68 Manuskripte und 14 Typoskripte zu 14 Gedichten (keine Endfassungen)
Datierung: 27.1.1956 – 7.11.1956
Textträger: 113 Einzelblätter (A4-Format); v.a. durchscheinende Makulatur von Dissertation und Gedichttyposkripten, Nov. 1956 bräunliche Blätter
Umfang: 15 Dossiers, 128 beschriebene Seiten
Publikation: Die verwandelten Schiffe (7 Gedichte), Verstreutes (2 Gedichte)
Signatur: A-5-c/13 (Schachtel 36)
Herkunft: Grüne Mappe EG 56

Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften

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