Entstanden: 22. November 1955

Ich kann doch das Mädchen,
das im grasgrünen Pijama am Haustor auf den Postboten 
wartet und gähnt, 
nicht fragen –
ich kann doch den Pförtner, 
05 der in seinem Verschlag Tischlampen lötet
und mir die Zeitung herausreicht, 
nicht fragen: 
ob sie die Perle gesehen hätten, 
die ich beim Erwachen heute früh in der Hand hielt 
und die mir sogar das Rasieren erträglich und das Ankleiden 
leicht gemacht hatte

10 Ich kann sie nicht nach der Perle fragen: 
irgendwo fiel sie hinab, 
zum Beispiel vielleicht, im Gespräch mit der Fürsorgerin, 
unter das Bild und die Karteikarte des Mathematikstudenten, 
der Musik macht und von der Strudlhofgasse in Wien kommt, 
15 vielleicht fiel sie dort in ein Kanalloch hinab, 
bis dort, wo ich allein, höchstens, sie finde, 
wenn ich mein Pflaster ganz aufkratze und hinabklettere 
in die Abwasserkanäle. // 06

Den Kopf würden das Mädchen und der Pförtner und die 
Fürsorgerin schütteln, 
wenn ich sie plötzlich nach einer Perle fragte, 
20 die mir beim Erwachen heute früh in der Hand lag: 
Sie war mir wohl von der Muschel, als die Ebbe sie wegtrug, 
geblieben.

Infos
  • Besonderes: alR Strophennumerierung I-III
    Verso: Typoskripte↑ (Sebastian Franck, S. 39, 38)
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Zwischenfassung
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: A-5-c/11_024
  • Seite / Blatt: 05, 06