Entstanden: 06. November 1955

Ich kann doch das Mädchen,
das am Haustor im grasgrünen Pijama gähnt und offenbar auf den
Postboten wartet,
nicht fragen; 
ich kann doch den Pförtner, 
05 der in der Telefonzentrale Tischlampen lötet und mir die Zeitung 
herausreicht, 
nicht fragen: ob sie die Perle gesehen hätten, 
die ich heute früh beim Erwachen in der Hand hielt 
und die mir sogar das Rasieren erträglich und das Ankleiden 
leicht gemacht hatte

Ich kann nicht nach der Perle fragen: 
10 irgendwo fiel sie hinab, 
zum Beispiel vielleicht im Gespräch mit der Fürsorgerin unter 
das Bild und die Karteikarte des Mathematikstudenten, // 04
der Musik macht und an der Strudlhofgasse in Wien wohnt, 
vielleicht fiel sie in der Gasse in Wien
in ein Kanalloch hinab,
bis dort, wo ich allein, höchstens, sie finde, 
15 wenn ich mein Pflaster ganz aufkratze und hinabklettere
in meine Abwasserkanäle, vielleicht. 

Den Kopf würden das Mädchen im Pijama und der Pförtner und 
die Fürsorgerin schütteln, 
wenn ich sie plötzlich nach einer Perle früge, 
die mir heute früh beim Erwachen in der Hand lag: 
Sie war mir wohl von der Muschel, als die Ebbe sie wegtrug, 
geblieben.

Infos
  • Besonderes: alR Strophennumerierung I-III
    Verso: Typoskripte↑ (Sebastian Franck, Vorbemerkung)
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Zwischenfassung
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: A-5-c/11_024
  • Seite / Blatt: 03, 04