Entstanden: 15. Oktober 1955

„Das inwendige Licht, das Gott selbst in uns anzündet, 
kann durch die sinnliche Erfahrung der Welt geweckt werden“,
geweckt durch den Lampenladen in der Ladenstrasse
der Vorstadt, 
woher er auf meinen Weg zwischen den dunklen
Gärten grell herausruft: 
05 die grösste Goldfüllung im Gebiss aus schadhaften Villen
vermag der alten Gaslampe summendes
Bienenkorblicht wohl zu wecken. 

Das hindert mich nicht, die Verkäuferin unfreundlich anzufahren,
weil sie mir keine hohen roten Schirme für meine Wandlampen hat,
sondern nur solche aus gelbem Pergament mit grünen Zierstreifen
und Goldrand, wie man sie auch bei
Hinz und Kunz findet.

10 Ihre Entschuldigung übertönt das Gewitter der Hochbahn,
die mich ins Zentrum zu Prediger u. Co. trüge,
wo ich alle Arten von Schirmen fände, nicht nur die hohen roten,
wie ich sie im Augenblick suche,
sondern sogar solche, aus denen das inwendige Licht durch über die
ganze Fläche verteilte Sternlöcher leuchtet. // 04

Aber jetzt ist es schon sechs Uhr, und ich zerreisse im Bahnhofbuffet
mit dem Löffel die Milchhaut:
15 da lockt auf dem Bahnsteig tief in der Tasse Tamino 
die blinden Hunde, die blinden Katzen
und die blinden Greise mit weissen Stöcken
und weckt mit dem Klanglicht der Flöte, der Flöte
ihr dösend inwendiges Licht auf.

Infos
  • Besonderes: Strophen mit römischen Ziffern (I-IV) numeriert
    Verso: Typoskripte (Sebastian Franck, S. 135)
  • Letzter Druck: Die verwandelten Schiffe 1957
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Zwischenfassung
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: A-5-c/11_021
  • Seite / Blatt: 03, 04