Als ein Handleser von der Piazza Colonna ihm sagte,
er käme durch einen Autounfall ums Leben,
machte er sich nicht viel daraus, damals, vor Jahren.
Erst heute zieht die Angstschlucht sein Auge,
05 das er, wie alle, immer an die Gräser und Schnecken des Hangs
angestrengt heftet, überstark in die Tiefe.
Jetzt, wo seine Mutter ächzend liegt auf den Tod,
fing er zuerst an zu glauben, die schwere Krankheit, die innerhalb
eines Jahres
mehrere seiner Bekannten ergriff, besässe auch ihn schon.
10 Fiebrig ging er umher, mit dunklen Ringen unter den Augen,
und schloss schon resigniert ab mit seinem Leben,
an das er sich eben erst mühsam zu gewöhnen anfing.
Doch der Arzt, zu dem er ging als zu einem Richter, der ein
längst
bekanntes Urteil bestätigt, der Form zu genügen,
15 erklärte ihn für gänzlich gesund.
Und seither muss er immer, wenn seine Mutter stöhnt in der
Nacht,
weil ihr Herz, obwohl es nicht mehr kann, doch nicht aufhören
will zu schlagen,
an den Handleser denken von der Galleria Colonna, der ihm
sagte
vor Jahren, er käme durch einen Autounfall ums Leben:
20 es wäre dies vielleicht nicht das Schlimmste.
Der Handleser (B)
- Details
- Konvolut: Manuskripte 1955
- Besonderes: Verso: Typoskript (Beim Anzünden der Zigarette), durchgestrichen
- Letzter Druck: Unpubliziert
- Textart: Verse
- Datierung: vollständig
- Fassung: Zwischenfassung
- Schreibzeug: Bleistift
- Signatur: A-5-c/11_015
- Seite / Blatt: 02

B Der Handleser
Als ein Handleser von der Piazza Colonna ihm sagte,
er käme bei durch einen Autounfall ums Leben,
machte er sich damals, vor Jahren, nicht viel daraus., damals, vor Jahren.
Erst heute zieht die Angstschlucht sein Auge,
05 das er, wie alle, immer an die Gräser und Schnecken des Hangs
angestrengt heftet, überstark in die Tiefe.
Erst jJetzt, wo seine Mutter ächzend liegt auf den Tod,
fing er zuerst an zu glauben, die schwere Krankheit, die innerhalb eines
Jahres
mehrere seiner Bekannten ergriff, besässe auch ihn schon.
10 Fiebrig ging er umher, mit dunklen Ringen unter den Augen,
und schloss schon resigniert ab mit seinem Leben,
an des er sich eben erst mühsam begonnen zu gewöhnen beanfing
an das er sich eben erst mühsam begonnen zu gewöhnen begonnen.
Doch der Arzt, zu dem er ging als zu einem Richter, der ein längst
bekanntes Urteil bestätigt, der Form zu genügen,
15 erklärte ihn für gänzlich gesund.
Und seither muss er immer in der Nacht, wenn seine Mutter stöhnt
\ in der Nacht,
weil sie nicht atmen kann
weil ihr Herz, obwohl es nicht mehr kann, doch nicht aufhören will
\ zu schlagen,
an den Handleser denken von der Galleria Colonna, der ihm sagte,
er käme durch einen
vor Jahren, er käme durch einen Autounfall ums Leben:
20 es wäre dies vielleicht nicht das Schlimmste.
7.7.55
Inhalt: 135 Manuskripte und 21 Typoskripte zu 24 Gedichten (keine Endfassung)
Datierung: 14.11.1954 – 21.11.1955
Textträger: 200 Einzelblätter (A4-Format); v.a. durchscheinende Makulatur von Dissertation und Gedichttyposkripten
Umfang: 25 Dossiers, 213 beschriebene Seiten
Publikation: Die verwandelten Schiffe (12 Gedichte), GEDICHTE (1 Gedicht), Verstreutes (2)
Signatur: A-5-c/11 (Schachtel 36)
Herkunft: Nr. 1-15: braune Mappe EG 55 I; Nr. 16-25: rote Mappe EG 55 II
Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften