Entstanden: 29. Juni 1955

Wenn er die Orange zerteilt,
achtet er drauf, dass ihm der Saft
nicht den weissen Kragen und die Manschetten, 
die er ohnehin jeden Tag wechselt, bespritzt. 

05 Denn er ist nervöser als sonst schon: 
weil er die Stadt so plötzlich verlassen 
musste und in dieses Kloster herausziehn, 
wo es nur Mönche gibt, die mit Blicken 
seine Seele zu retten versuchen. 

10 Aber das ist doch besser, 
als in dem feuchten 
Palast zu bleiben und sich 
wie Pastetenfleisch immer von neuem 
von der Jammertunke von fünfzig 
15 Frauen übergiessen und ganz 
durchtränken zu lassen. 

Hier ist es wenigstens trocken, 
und niemand verlangt von ihm Trauer 
um das Mädchen, das er nur förmlich gekannt hat 
20 (im Bett braucht man, gottseidank, nicht zu sprechen) 

Hier kann er, nachdem die 
Sonne hinter den baumlos erstarrten 
Wogen unterging, zusehn, // 05v
wie man das einzige Rosenbeet mitten im Kohlplatz 
25 wässert und kann dann, damit man sein Gähnen nicht sieht, 
hineingehn und genau darauf achten, 
dass ihm die Orange 
beim Zerteilen den Kragen und die Manschetten 
nicht bespritzt, 
30 die er ohnehin jeden Tag wechselt.

Infos
  • Besonderes: Blatt beidseitig beschrieben; verso: Typoskript (Titelblatt "Anmerkungen" Sebastian Franck)
  • Letzter Druck: Die verwandelten Schiffe 1957
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Zwischenfassung
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: A-5-c/11_009
  • Seite / Blatt: 05r/v