Entstanden: 03. Januar 1955

Als ein Handleser von der Galleria Colonna
ihm sagte, er käme durch einen Autounfall ums Leben, 
machte er sich damals, vor Jahren, nicht viel daraus. 
Erst heute zieht die Tiefe der Angstschlucht sein Auge, 
05 das er immer wie alle an die Gräser und Schnecken des Hangs 
angestrengt geheftet, überstark abwärts. 
Erst jetzt, wo seine Mutter ächzend liegt auf den Tod, 
fing er zuerst an zu glauben, die schwere Krankheit, die innerhalb 
eines Jahrs 
mehrere seiner Bekannten ergriff, besässe auch ihn schon. 
10 Fiebrig ging er umher und schloss schon resigniert ab mit 
seinem Leben, 
an das er sich eben mühsam begann zu gewöhnen. 
Doch der Arzt, zu dem er ging als zu einem Richter, 
der ein längst bekanntes Urteil bestätigt, der Form zu genügen, 
erklärte ihn für gänzlich gesund. 
15 Und seither muss er immer in der Nacht, wenn seine Mutter 
stöhnt, 
weil sie nicht atmen kann, an den Handleser denken von der 
Galleria Colonna, 
der ihm sagte, er käme durch einen Autounfall ums Leben: 
es wäre dies vielleicht nicht das Schlimmste.

Infos
  • Besonderes: Verso: Typoskript↑ (Sebastian Franck, S. 132)
  • Letzter Druck: Unpubliziert
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Zwischenfassung
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: A-5-c/11_015
  • Seite / Blatt: 01