Montag, 22 November 1954

Die Sirenen (Andere Fassung) (J)

Wie als sie die Taue
schon ans Ufer geworfen hatten 
und einer sogar hinüberschwamm, 

wächst aus dem Mund des einen Matrosen 
im Gejohl der andern, die die Strasse vom Hafen 
05 ziehn zum kleinen Bahnhof mit den Kartuschen und der 
Göttin aus schmutzigem Stuck, die 
ein geflügeltes Rad bedeutend emporhebt 
überm Eingang zur Seilbahn – während 
der Saison im Herbst und im Frühling 
10 klimmt sie alle Halbstunden zur Höhe des Burgbergs 
mit dem Kastell, das heute Museum ist – : 

wächst aus Harmonika und Mund des einen Matrosen 
mitten im Gejohl der andern, die, 
girrenden Mädchen rechts und links eingehängt, 
15 in Achterreihen die breite Strasse hinaufziehn, 
wo vom Gehsteig die Kinder und Mütter Blumen 
werfen: unter die Schulterstücke stecken sie schnell 
die einen, die andern, zu viel sinds, 
zertreten sie; die Männer aber, an den Rand 
20 gedrückt in den Autos, drehn nieder 
die Scheiben und schwenken Hände und Hüte: 

wächst jetzt aus Harmonika und Mund des einen Matrosen 
über das Stampfen, das lautere Johlen der Liedbaum 
– : der Strassenbahnzug hält keifend 
25 an der Querstrasse, vom Gedräng der 
Blumen und Kinder, 
der Mütter und Hände und Autos gebremst – : 

wächst jetzt auf einmal aus Harmonika und Mund des einen // 23
Matrosen der Liedbaum, verschränkt 
30 sich oben dicht in die Krone des Lieds im 
Schiff vor der Insel, wo sie die Taue 
schon ans Ufer geworfen hatten und einer 
sogar hinüberschwamm, 
in die Krone des Lieds, das vom Hauptmast 
35 so mächtig hinaufwuchs, dass 
unterm Schatten der Liedbusch sank, 
der sie, duftend von Blüten, zur Insel hinzog. 

Desselben Liedbaums, 
der jetzt die Göttin aus schmutzigem Stuck, die klimmende Bahn 
mit dem Burgberg, 
40 eine Sekunde sogar das Geschwätzkraut der Fremden im Kastell, 
das heute Museum ist, 
doppelt beschattet.


Blatt 22 (A-5-c_08_194.jpg)

J Die Sirenen
(Andere Fassung)

Wie als sie die Taue

schon ans Ufer geworfen hatten

und einer sogar hinüberschwamm, 

wächst aus dem Mund des einen Matrosen

im Gejohl der andern, die die Strasse vom Hafen

05 ziehn zum kleinen Bahnhof mit den Kartuschen und der

Göttin aus schmutzigem Stuck, die

einx geflügeltes Rad bedeutend emporhebt

überm Eingang zur Seilbahn – während

der Saison im Herbst und im Frühling

10 klimmt sie alle Halbstunden zur Höhe des Burgbergs

mit dem Kastell, das heute Museum ist – : 

wächst aus Harmonika und Mund des einen Matrosen

mitten im Gejohl der andern, die,

girrenden Mädchen rechts und links eingehängt,

15 in Achterreihen die breite Strasse hinaufziehn,

wo vom Gehsteig die Kinder und Mütter Blumen

werfen: unter die Schulterstücke werfe stecken sie schnell

die einen, die andern, zu viel sinds,

zertreten sie; die Männer aber, gedrückt an den Rand

gedrückt
20 an den Rand in den Autos, drehn nieder die Scheiben

die Scheiben und schwenken Hände und Hüte: 

wächst jetzt aus Harmonika und Mund des einen Matrosen

über das Stampfen, das lautere Johlen der Liedbaum

– : der Strassenbahnzug hält keifend

25 an der Querstrasse, vom Gedräng der

Blumen und Kinder,

der Mütter und Hände und Autos gebremst – :

wächst jetzt auf einmal aus Harmonika und Mund des einen

Blatt 23 (A-5-c_08_195.jpg)

J Die Sirenen (Andere Fassung) 2

Matrosen der Liedbaum, verschränkt 

30 sich oben dicht in die Krone des Lieds im

Schiff vor der Insel, wo sie die Taue

schon ans Ufer geworfen hatten und einer

sogar hinüberschwamm,

in die Krone des Lieds, das vom Hauptmast

35 so mächtig hinaufwuchs, dass

unterm Schatten der Liedbusch sank,

der sie, duftend von Blüten, zur Insel hinzog.


Desselben Liedbaums,

dejetzt
der  die Göttin aus schmutzigem Stuck, die klimmende Bahn mit

dem Burgberg,

40 eine Sekunde sogar das Geschwätzkraut der Fremden im Kastell, das

heute Museum ist,

doppelt beschattet.

22.11.54

 

  • Besonderes:

    Typoskript mit Sofortkorrekturen
    Die Überarbeitungen für die "andere Fassung" beginnen schon im Typoskript (H). Sie gingen nicht in die Druckfassung ein.

  • Letzter Druck: Die verwandelten Schiffe 1957
  • Textart: Verse
  • Datierung: Vollständiges Datum
  • Strophen: ja
  • Schreibzeug: Schreibmaschine
  • Signatur: A-5-c/08_028
  • Seite / Blatt: 22, 23

Inhalt: 205 Manuskripte und 25 Typoskripte zu 33 Gedichten (3 Endfassungen)
Datierung: 1.1.1954 – 27.12.1954
Textträger: 271 Einzelblätter (A4-Format)
Umfang: 36 Dossiers, 270 beschriebene Seiten
Publikation: Die verwandelten Schiffe (15 Gedichte), Verstreutes (3 Gedichte)
Signatur: A-5-c/08 (Schachtel 35)
Herkunft: Mappe EG 54 I, EG 54 II

Wiedergabe: Edierte Texte, Abbildungen, Umschriften

Weitere Fassungen

Manuskripte 1954 (alph.)
(Total: 230 )
Manuskripte 1954 (Folge)
(Total: 230 )