Entstanden: 25. September 1954

Wenn die Nonnen,
nachdem sie lang in der Vorhalle gewartet
und endlich, wie auf dem Platz es zu dunkeln beginnt, 
vorbei an den Polizisten, die in Gruppen zu vier die Drängenden 
ordnen, 
05 dunkel stockiges Blut einströmen ins Herz, die riesige 
Kirche, deren Gewölb hinter Simsen verborgne 
Lampen erleuchten:

Wenn die Nonnen nun endlich 
fangen in über die Köpfe emporgehaltnen 
10 kleinen Spiegeln – darin nie oder nur mit schlechtem 
Gewissen sich selbst sie erblicken – 
auf den weissen Greis weit vorn auf dem Thron, 
(für den man alle Fenster geschlossen, damit er sich
nicht erkälte), 
jubeln sie „wie schön er doch ist“ und 
15 tragen, Raupen den Falter, ihn dann hinaus auf die
Strasse,

blind durch die zwei Reihen jetzt lichter Laternen, 
blind entgegen dem hoch im Wechsel hellen, im Wechsel 
verschwundnen 
Ring um die Silhouette des Mailänder Doms, 
der wirbt für Süsswaren „Motta“: // 06

20 tragen für immer, die unscheinbaren 
Raupen, ganz innen innig ihn schauend, 
bis dass sie eines sicheren Tages selber, 
selber sind glänzende Falter.

Infos
  • Details: V. 07, 15, 19: Strophenabsatz danach unsicher
  • Besonderes: Verso: Typoskripte↑ (Sebastian Franck, S. 82, 81)
  • Letzter Druck: Die verwandelten Schiffe 1957
  • Textart: Verse
  • Datierung: vollständig
  • Fassung: Zwischenfassung
  • Schreibzeug: Bleistift
  • Signatur: A-5-c/08_035
  • Seite / Blatt: 05, 06