Synopse

(14)
Dienstag, 27 September 1955    (    )

Mistral (a*)

Die Sonnenmilch blendet und tropft
in die Meerenge herab,
und füllt sie schäumend,
sodass das Wasser die Klippen
05 emporstürzt und mit verletzten Knien zurückzieht,
Odysseus.
Und hinter dir wartet die einsame Dame, die den
Weg zwischen den Inseln
dem einzigen Schiff weist, das weiss und
riesig¿ durch den blendenden Sturm
10 lustfährt,
das Flugzeug, die grosse Wespe, hockt ihm hinten auf.
Doch Platon wird keine Zeit ....

In: Notizbuch 1954-55
Dienstag, 27 September 1955    (    )

Die Wespen (b*)

Zu lang setzte sich die Wespe der Versuchung am
Rand der Kaffeetasse aus,
als dass sie nicht schliesslich hätte darin umkommen
müssen,
hinab stürzen in die dunkle und süsse
Brühe und wollüstig verzweifelt die
Beine und Flügel darin umrührend verenden.
05 Die andere Wespe schaut hinunter
vom Mund der Coca-Cola-Flasche, die ich
– bin ich doch durstig – eben bestellte
und erwägt das Schicksal der Schwester,
ob es mehr Lockung oder mehr Warnung sei:

10 wie das gelbe Flugzeug, das dem einzigen
Schiff, das durch den blendenden Sturm
lustfährt, hinten aufhockt // 116
und noch nicht weiss, ob es in die
Sonnenmilch, die in
die Meerenge herabtropft und sie
schäumend auffüllt,
sodass das Wasser die Klippen emporstürzt
und mit verletzten Knien zurücksinkt,
noch nicht weiss, ob es in die Sonnenmilch
stürzen soll, wo die einsame Dame
dem Schiff zwischen den Inseln den Weg weist,
hinter Odysseus, der die Klippen empor-
     stürzt und mit verletzten Knien zurücksinkt.
15 Und Platon hat keine Augen
     für die Wespe im Kaffee und
für die am Mund der Flasche,
obwohl ich dicht neben ihm am Platz sitze,
auch nicht für das Schiff, das allein
sein Flugzeug still durch
die Sturmmilch dahin trägt, // 117
denkt er doch mitten im Handel, wenn ihn
ein Fuhrhalter auf Muskeln befühlt
und wegen des ihn überspringenden Blicks
zum Ärger des spartanischen Händlers
misstrauisch den kräftigen Sklaven stehen lässt,
20 an die Gespräche in Syrakus zurück und an die
Nachtspaziergänge mit Dion.
Und als Annikeris kommt und ihn einlöst,
grüsst er ihn kaum und lässt 
sich willenlos führen.
Auch meine Wespe im Kaffee
bewegt sich nicht mehr,
ihre Schwester flog weg. Ich rufe den Kellner
zum Zahlen.

In: Notizbuch 1954-55
Donnerstag, 29 September 1955    (    )

Die Wespen (A)

Zu lang setzte die Wespe sich der Versuchung auf dem Rand der
Kaffeetasse aus,
als dass sie nicht schliesslich hätte darin umkommen müssen:
hinabstürzen in die dunkle und süsse Brühe und wollüstig verzweifelt
die Beine und Flügel darin umrührend verenden.
Die andere Wespe schaut vom Mund der Coca-Cola Flasche hinab,
05 die ich, bin ich doch durstig, eben bestellte: denn den Kaffee, worin
die sterbende schwimmt, kann ich nicht trinken, kaum anschaun,
ohne dass Zweifel mich martern: soll ich sie retten?
und erwägt das Schicksal der Schwester, ob es mehr Lockung oder
mehr Warnung sei:

Wie das gelbe Flugzeug, das dem einzigen Schiff, das durch den
gläsernen Sturm lustfährt, hinten aufhockt
und noch nicht weiss, ob es in die Sonnenmilch stürzen soll,
10 die in die Meerenge herabtropft und sie mit Schaum füllt,
sodass das Wasser die Klippen emporflieht<,> doch mit verletzten
Knien zurücksinkt,
Odysseus, wenn die einsame Dame ausharrt und dem Schiff durch
die Klippen den Weg weist.

Doch Platon hat keine Augen für die sterbende Wespe im Kaffee
und für die, die am Mund der Flasche zaudert,
obwohl ich direkt am Sklavenmarkt sitze,
15 auch kaum einen Blick für das Schiff des attischen Reeders, // 02
das allein sein gelbes Flugzeug über die Sturmmilch hinweg trägt,
denkt er doch mitten im Handel, wenn ihn ein Fuhrhalter auf seine
Muskeln befühlt – was ist ihm schon das Leibhaus? –
und misstrauisch wegen des weltüberspringenden Blicks zum
Ärger des spartanischen Händlers stehen lässt,
an die Tafelgespräche in Syrakus und an die Nachtgänge mit Dion.
20 Und als Amnikeris kommt und ihn auslöst, lässt er sich willenlos
führen.
Auch meine Wespe im Kaffee bewegt sich nicht mehr, ihre
Schwester flog weg, ich rufe dem Kellner zum Zahlen.

In: Manuskripte 1955
Freitag, 30 September 1955    (    )

Die Wespen (B)

Zu lang setzte die Wespe sich der Versuchung auf dem Rand der
Kaffeetasse aus,
als dass sie nicht schliesslich hätte darin umkommen müssen:
hinabstürzen und wollüstig verzweifelt mit Beinen und Flügeln die
süsse Nachtagonie umrühren.

Die andere Wespe schaut vom Mund der Coca-Colaflasche hinab,
die ich eben bestellte,
05 in den Kaffee, worin die sterbende schwimmt, den ich nicht trinken
und nicht ansehen kann, ohne dass Zweifel mich martern: soll ich
sie retten?
und wägt im Schicksal der Schwester Lockung und Warnung:

Wie die Flugzeugwespe, die hinten auf dem Motorschiff hockt,
das unbewegt und blasiert allein durch den gläsernen Sturm
lustfährt,
10 und die noch nicht weiss, ob sie in die Sonnenmilch stürzen soll:
sie tropft in die Meerenge herab und füllt sie mit ihrem Schaum,
sodass das Wasser die Klippen heraufflieht und dann schnell mit
blutigen Knien zurücksinkt,
Odysseus, während die Boje, die einsame Dame, ausharrt und dem
Schiff, das sie nicht zu brauchen vorgibt, den Weg durch die
Klippen zeigt.

Doch Platon hat kein Auge für den Kampf im Kaffee und für den
andern am Mund der Flasche,
15 obwohl ich direkt am Sklavenmarkt sitze, // 04
auch kaum einen Blick für das überhebliche Schiff des attischen
Reeders,
das seine grosse Wespe über die Sturmmilch davonträgt:
er denkt mitten im Feilschen, wenn ihn ein Bauer auf seine Muskeln
befühlt – das Leibhaus ist ihm egal – 
und ihn dann misstrauisch wegen des überspringenden Blicks dem
enttäuschten Händler zurücklässt
20 an die Tafelgespräche in Syrakus und an die Nachtspaziergänge
mit Dion.
Und wenn Amnikeris kommt und ihn einlöst, steigt er willenlos in
den neuen Rollsroyce 
und sagt nur gezwungen „wunderbar“, weil ihn der andere mit allen
Mienen darum bittet.
Auch die Wespe im Kaffee bewegt sich nicht mehr; ihre Schwester
entschied sich fürs lange Leben und flog weg.
Ich rufe den Kellner zum Zahlen.

In: Manuskripte 1955
Donnerstag, 13 Oktober 1955    (    )

Die Wespen (C)

Zu lang setzte sich die Wespe auf dem Rand der Kaffeetasse der
Versuchung aus,
als dass sie nicht schliesslich hätte darin umkommen müssen: 
hinabstürzen und wollüstig verzweifelt mit Beinen und Flügeln die 
süsse Nachtagonie umrühren

Die andere Wespe schaut vom Mund der Coca-Colaflasche hinab, 
die ich eben bestellte, 
05 weil ich den Kaffee, worin die sterbende schwimmt, nicht einmal 
ansehen kann, ohne dass Zweifel mich quälen: soll ich sie retten? 
Die andere schaut hinab und wägt im Schicksal der Schwester 
Lockung und Warnung: 

Wie das Flugzeug, das hinten gelb aufhockt dem Motorschiff, 
das unbewegt und blasiert allein im gläsernen Sturm lustfährt, 
noch nicht weiss, ob es in die Sonnenmilch stürzen soll: 
10 sie tropft in die Meerenge herab und füllt sie mit Schaum, 
sodass das Wasser die Klippen heraufflieht und dann schnell mit 
zerschundenen Knien zurücksinkt, Odysseus, 
während die einsame Dame ausharrt und dem Schiff, obwohl es 
sie nicht zu brauchen vorgibt, den Weg durch die Riffe zeigt. // 06

Doch Platon schaut wie immer durch den Kampf im Kaffee und 
durch den andern am Mund der Flasche 
– denn ich sitze direkt am Sklavenmarkt, wo man ihn immer noch 
feilhält – 
15 schaut durch das überhebliche Schiff des attischen Reeders, 
das seine gelbe Wespe über die Sturmmilch davonträgt, 
die reine Idee an und denkt mitten im Feilschen, wenn ihn ein 
Bauer auf seine Muskeln befühlt 
– das Leibhaus ist ihm egal – und ihn dann, misstrauisch wegen 
des Herrenblicks, dem enttäuschten Händler zurücklässt, 
an die Tafelgespräche in Syrakus und an die Nachtspaziergänge 
mit Dion. 

20 Und wenn Amnikeris kommt und ihn einlöst, steigt er willenlos in 
den neuen Rollsroyce 
und sagt nur „wunderbar“, weil ihn der andere mit allen Mienen 
darum bittet. – 
Auch die Wespe im Kaffee bewegt sich nicht mehr, 
ihre Schwester entschied sich fürs lange Leben und flog weg. 
Ich rufe den Kellner zum Zahlen.

In: Manuskripte 1955
Freitag, 21 Oktober 1955    (    )

Die Wespen (D)

Zu lang setzte sich die Wespe auf dem Rand der Kaffeetasse der 
Versuchung aus, 
als dass sie nicht schliesslich hätte darin umkommen müssen: 
hinabstürzen und mit Beinen und Flügeln wollüstig verzweifelt die 
süsse Nachtagonie umrühren. 

Die andere Wespe schaut vom Mund der Coca-Colaflasche hinab, 
die ich eben bestellte, 
05 weil ich den Kaffee, worin die sterbende schwimmt, nicht einmal 
ansehen kann, 
ohne dass Zweifel mich quälen: soll ich sie retten? 
Die andere schaut hinab und zaudert zwischen der Lockung und 
der Warnung des Schauspiels. 

Wie das Flugzeug hinten gelb aufhockt dem Motorschiff, 
das unbewegt und blasiert im gläsernen Sturm allein lustfährt, 
10 und noch nicht weiss, ob es sich in die Sonnenmilch stürzen soll: 
sie tropft in die Meerenge herab und füllt sie mit Schaum, 
sodass das Wasser die Klippen heraufflieht, Odysseus, 
und dann schnell mit zerschundenen Knien zurücksinkt; 
und die Dame harrt aus und zeigt dem Schiff, obwohl es sie nicht 
zu brauchen vorgibt, den Weg durch die Riffe. // 08

15 Doch Platon schaut durch die Wespe im Kaffee und durch die andere 
am Mund der Flasche 
– denn ich sitze direkt am Sklavenmarkt, wo man ihn feilhält – 
schaut durch das Schiff des attischen Reeders, 
das seine gelbe Wespe arrogant über die Sturmmilch davonträgt, 
die reine Idee, wie immer, 
20 und denkt mitten im Feilschen, wenn ihm ein Bauer die Muskeln 
befühlt 
– das Leibhaus ist ihm egal – und ihn dann wegen des Herrenblicks 
dem Händler zurücklässt, 
an die Tafelgespräche in Syrakus und an die Nachtspaziergänge 
mit Dion. 

Und wenn Amnikeris kommt und ihn einlöst, steigt er willenlos in 
den neuen Rolls-Royce 
und sagt nur „Wunderbar“, weil ihn der andere mit allen Mienen 
drum bittet – 
25 Auch die Wespe im Kaffee bewegt sich nicht mehr, 
ihre Schwester entschied sich fürs lange Leben und flog weg. 
Ich rufe dem Kellner zu „Zahlen“.

In: Manuskripte 1955
Mittwoch, 09 November 1955    (    )

Die Wespen (E)

Zu lang setzte sich die Wespe auf dem Rand der Kaffeetasse der
Versuchung aus,
als dass sie nicht schliesslich hätte darin umkommen, 
hinabstürzen und mit Beinen und Flügeln die süsse Nacht
umrühren müssen. 

Vom Mund der Coca-Colaflasche hinab, die ich eben bestellte, 
05 weil ich den Kaffee, worin die sterbende schwimmt, nicht einmal 
ansehen kann, 
ohne dass Zweifel mich quälen: muss ich sie retten? 
schaut die andere Wespe zu und zaudert zwischen der Lockung
und der Warnung des Schauspiels. 

Gleich wie dem Motorschiff, das ganz allein im gläsernen Sturm 
blasiert lustfährt, 
das Flugzeug hinten gelb aufhockt und noch nicht weiss, 
10 ob es sich stürzen soll in die Sonnenmilch, 
die in die Meerenge herabtropft und sie mit Schaum füllt, // 10
sodass das Wasser die Klippen heraufflieht, Odysseus, 
und dann schnell mit zerschundenen Knien zurücksinkt; 
nur das Mädchen Boje harrt aus und zeigt dem Schiff, 
15 obwohl es sie nicht zu brauchen vorgibt, den Weg durch die Riffe. 

Doch durch die Verzweiflung der einen und durch das Zaudern 
der anderen Wespe schaut Platon 
– denn ich sitze direkt am Sklavenmarkt, wo man ihn feilhält –, 
schaut durch den stählernen Schiffsstolz des attischen Reeders, 
der seine Wespe blasiert durch die Sturmmilch davonträgt, 
20 wie immer, die reine Idee an,
und denkt mitten im Feilschen, wenn ihm ein Bauer die Muskeln 
befühlt – das Leibhaus ist ihm egal – 
an die Tafelgespräche in Syrakus und an die Nachtspaziergänge 
mit Dion. // 11

Und wenn Amnikeris kommt und ihn freikauft, steigt er willenlos 
in den neuen Rolls-Royce 
und gibt sein „Wunderbar“ nur, weil der andere es ihm mit allen 
Mienen entreisst. – 
25 Auch im Kaffee ist es ruhig geworden, 
indes die Schwester auf der Flasche sich fürs lange Leben
entschied und wegflog 
und ich dem Kellner winke zum Zahlen.

In: Manuskripte 1955
Dienstag, 29 November 1955    (    )

Die Wespen (F)

Zu lang setzte sich die Wespe auf dem Rand der Kaffeetasse der
Versuchung aus,
als dass sie nicht schliesslich hätte darin umkommen, 
hinabstürzen und mit Beinen und Flügeln die süsse Nacht umrühren 
müssen

Vom Mund der Coca-Colaflasche hinab – die ich eben bestellte, 
05 weil ich den Kaffee, worin die sterbende schwimmt, 
nicht einmal ansehen kann, ohne dass Zweifel mich quälen: muss 
ich sie retten? – 
zaudert die andere Wespe zwischen der Lockung und der Warnung 
des Schauspiels: 

Gleich wie dem Motorschiff, das ganz allein im gläsernen Sturm 
blasiert lustfährt, 
hinten das Flugzeug gelb aufhockt und noch nicht weiss, 
10 ob es sich in die Sonnenmilch stürzen soll, 
die in die Meerenge herabtropft und sie mit Schaum füllt, 
sodass das Wasser die Klippen heraufflieht, Odysseus, 
und dann schnell mit zerschundenen Knien zurücksinkt; 
nur das Mädchen Boje harrt aus und zeigt dem Schiff, 
15 obwohl es sie nicht zu brauchen vorgibt, den Weg durch die Riffe. // 13

Doch im Bein- und Flügelzucken der einen, 
im surrenden Zaudern der anderen Wespe schaut Platon 
– denn ich sitze direkt am Sklavenmarkt, wo man ihn feilhält – 
im weissen Schiffwindspiel des attischen Reeders, 
20 das seine Wespe durch die Sturmmilch davonträgt, 
schaut Platon wie immer die reine Idee an, 
und mitten im Feilschen, wenn fern aussen ein Bauer ihm die 
Leibhauswandung befühlt, 
kostet er nochmals die Tafelgespräche in Syrakus und die 
Nachtspaziergänge mit Dion. 

Sodass, wenn Amnerikis kommt und ihn freikauft, 
25 er traumtaumelnd in den neuen Rolls Royce steigt 
und sein „Wunderbar“ nur gibt, weil der andere es ihm mit allen 
Mienen entreisst. 
Aber schon fast in der Stadt brennt ihn plötzlich das Bild wach, 
das bei der Abfahrt ins Auge hereinglitt und nun in der Hirnmitte 
ankommt
Wie die Wespe reglos im Kaffee schwimmt 
30 indes die Schwester auf der Flasche, zum langen Leben entschlossen, 
davon fliegt.

In: Manuskripte 1955
Sonntag, 04 Dezember 1955    (    )

Die Wespen (G)

Zu lang setzte sich die Wespe auf dem Rand der Tassenblüte der
Duftversuchung aus, 
als dass sie nicht schliesslich hätte darin umkommen, 
hinabstürzen und mit Beinen und Flügeln die süsse Kaffenacht 
umrühren müssen. 

Auf dem Mund der Coca-Colaflasche – die ich eben bestellte, 
05 weil ich die schwarze Agonie, worin die sterbende schwimmt, 
nicht einmal ansehen kann, ohne dass Zweifel mich quälen: muss 
ich sie retten? – 
zittert die andere Wespe zwischen Lockung und Warnung: 

Gleich wie dem Motorschiff, das ganz allein draussen im gläsernen 
Sturm blasiert lustfährt, 
hinten das Flugzeug gelb aufhockt und noch nicht weiss, 
10 ob es sich in die Sonnenmilch stürzen soll, 
die in die Meerenge herabtropft und sie mit Schaum füllt, 
sodass das Wasser die Klippen heraufflieht, Odysseus, 
und dann schnell mit zerschundenen Knien zurücksinkt; 
nur das Bojenmädchen harrt aus und zeigt dem Schiff, // 15
15 obwohl es sie nicht zu brauchen vorgibt, den Weg durch die Riffe. 

Doch im Bein- und Flügelzucken der einen, 
im surrenden Zittern der anderen Wespe schaut Platon 
– denn ich sitze direkt am Sklavenmarkt, wo man ihn feilhält – 
im weissen Schiffwindspiel des attischen Reeders, 
20 das seine Wespe durch die Sturmmilch davonträgt, 
schaut Platon wie immer die reine Idee an; 
und mitten im Feilschen, wenn ein Bauer ihm fern aussen die 
Leibwandung befühlt, 
kostet er nochmals die Tafelgespräche in Syrakus und die 
Nachtspaziergänge mit Dion. 

Sodass er, wenn Amnikeris kommt und ihn freikauft, 
25 traumtaumelnd in den neuen Rolls-Royce steigt 
und sein ‚Wunderbar‘ nur gibt, weil der andere es ihm mit allen 
Mienen entreisst. 
Aber, schon fast in der Stadt, brennt ihn plötzlich das Bild wach, 
das bei der Abfahrt ins Auge hereinglitt und nun in der Hirnhalle 
ankommt: 
Wie die Wespe im Kaffeemeer reglos liegt 
30 indes die Schwester, zum langen Leben entschlossen, 
sich von der Flasche in die Sonnenmilch wegschwingt.

In: Manuskripte 1955
Montag, 12 Dezember 1955    (    )

Die Wespen (H/J)

Zu lange setzte sich die Wespe auf dem Tassenrand der Versuchung
des Dufts aus
als dass sie nicht schliesslich hätte darin umkommen, 
hinabstürzen und mit Beinen und Flügeln die Kaffeenacht umrühren 
müssen.

Auf dem Mund der Coca-Colaflasche – die ich eben bestellte, 
05 weil ich die zuckende Agonie nicht einmal ansehen kann, 
ohne auch schon den Zweifel zu trinken: muss ich retten? – 
zittert die andere Wespe zwischen Lockung und Warnung. 

Gleich wie dem Motorschiff, das ganz allein draussen im gläsernen 
Sturm blasiert lustfährt, 
hinten das Flugzeug gelb aufhockt und noch nicht weiss, 
10 ob es sich in die Sonnenmilch stürzen soll: 
in die Meerenge tropft sie herab und füllt sie mit Schaum, 
sodass das Wasser die Klippen heraufflieht, Odysseus, 
und dann schnell mit zerschundenen Knien zurücksinkt; 
nur das Bojenmädchen harrt aus und zeigt dem Schiff, 
15 obwohl es sie nicht zu brauchen vorgibt, den Weg durch die Riffe. 

Doch im Glieder- und Flügelzucken der einen, 
im zitternden Zwiespalt der andern Wespe schaut Platon 
– denn ich sitze direkt am Sklavenmarkt wo man ihn feilhält – // 17
im weissen Schiffwindspiel des attischen Reeders, 
20 das seine Wespe durch die Sturmmilch davonträgt, 
schaut Platon immer die reine Idee an; 
und mitten im Feilschen, wenn ein Bauer ihm die Leibwandung 
fern aussen befühlt, 
kostet er nochmals die Tafelgespräche in Syrakus 
und die Nachtspaziergänge mit Dion, unverfaulte Orangen. 

25 Sodass, wenn Amnikeris kommt und ihn freikauft, 
er traumtaumelnd in den neuen Rolls Royce steigt 
und sein ‚Wunderbar‘ nur gibt, weil der andere es ihm mit allen 
Mienen entreisst. 

Aber schon fast in der Stadt, brennt ihn plötzlich das Bild wach, 
das bei der Abfahrt ins Auge hineinglitt und jetzt in der Hirnhalle 
ankommt: 
30 Wie die Wespe endlich reglos im Kaffee liegt, 
indes die Schwester, zum langen Leben entschlossen, 
von der Flasche in die Sonnenmilch wegschwimmt.

In: Manuskripte 1955
Samstag, 17 Dezember 1955    (    )

Die Wespen (K)

Zu lange setzte sich die Wespe auf dem Tassenrand der Versuchung
des Dufts aus
als dass sie nicht schliesslich hätte darin umkommen, 
hinabstürzen und mit Beinen und Flügeln die Kaffeenacht umrühren
müssen. 

Auf dem Mund der Limonadeflasche – die ich eben bestellte, 
05 weil ich die zuckende Agonie nicht einmal ansehen kann, 
ohne auch schon den Zweifel, ob ich nicht retten sollte, zu trinken – 
zittert die andere Wespe zwischen Lockung und Warnung. 

So hockt auch dem Motorschiff, das ganz allein draussen im gläsernen 
Sturm blasiert lustfährt, 
hinten das Flugzeug gelb auf und weiss noch nicht, 
10 ob es sich in die Sonnenmilch stürzen soll: 
sie tropft in die Meerenge herab und füllt sie mit Schaum, 
sodass das Wasser die Klippen heraufflieht, Odysseus, 
und dann schnell mit zerschundenen Knien zurücksinkt; 
nur die Bojendame harrt aus und zeigt dem Schiff, 
15 obwohl es sie nicht zu brauchen vorgibt, den Weg durch die Riffe. 

Doch im Gliederzucken der einen, 
im zitternden Zwiespalt der andern Wespe schaut Platon 
– denn ich sitze direkt am Sklavenmarkt, wo man ihn feilhält – 
im weissen Schiffwindspiel des attischen Reeders, 
20 das seine Wespe durch den Sturmschaum davonträgt, 
schaut Platon immer die reine Idee an; 
und mitten im Feilschen, wenn ein Bauer ihm fern aussen die Leibwand
befühlt, // 18v
kostet er nochmals die Tafelgespräche in Syrakus 
und die Nachtspaziergänge mit Dion, unverfaulte Orangen. 

25 Sodass, wenn Amnikeris kommt und ihn freikauft, 
er traumtaumelnd in den neuen Rolls Royce steigt 
und sein 'Wunderbar' nur gibt, weil der Freund es ihm mit allen Mienen 
entreisst. 

Aber schon fast in der Stadt, brennt ihn plötzlich das Bild wach, 
das ihm bei der Abfahrt ins Auge hereinglitt und jetzt in der Hirnhalle
ankommt: 
30 Wie die Wespe reglos im Kaffee liegt, 
indes die Schwester, zum langen Leben entschlossen, 
vom Mund der Flasche in die Sonnenmilch wegschwimmt.

In: Manuskripte 1955
Datiert: 1955    (    )

Die Wespen

Zu lange setzte sich die Wespe auf dem Tassenrand der Versuchung 
des Dufts aus, 
als dass sie nicht schliesslich hätte darin umkommen,
hinabstürzen und mit Beinen und Flügeln die Kaffeenacht umrühren
müssen. 

Auf dem Mund der Coca-Cola-Flasche – die ich eben bestellte,
05 weil ich die zuckende Agonie nicht einmal ansehen kann,
ohne auch schon den Zweifel, ob ich nicht retten müsste, zu trinken –
zittert die andre Wespe zwischen Lockung und Warnung.

So auch hockt dem Motorschiff, das ganz allein draussen im gläsernen 
Sturm blasiert lustfährt, 
hinten das Flugzeug gelb auf und weiss noch nicht,
10 ob es sich in die Sonnenmilch stürzen soll:
sie tropft in die Meerenge herab und füllt sie mit Schaum,
sodass das Wasser die Klippen hinaufflieht, Odysseus,
und dann schnell mit zerschundenen Knien zurücksinkt;
nur die Bojendame harrt aus und zeigt dem Schiff,
15 obwohl es sie nicht zu brauchen vorgibt, den Weg durch die Riffe.

Doch im Gliederzucken der einen,
im zitternden Zwiespalt der andern Wespe schaut Platon
– denn ich sitze direkt am Sklavenmarkt, wo man ihn feilhält –
im weissen Schiffwindspiel des attischen Reeders, // 01v
20 das seine Wespe durch den Sturmschaum davonträgt,
schaut Platon immer die reine Idee an;
und mitten im Feilschen, wenn ein Bauer ihm fern aussen die Leib-
wand befühlt, 
kostet er nochmals die Tafelgespräche in Syrakus
und die Nachtspaziergänge mit Dion, unverfaulte Orangen.

25 Sodass, wenn Amnikeris kommt und ihn freikauft,
er traumtaumelnd in den neuen Rolls Royce steigt
und sein 'Wunderbar' nur gibt, weil jener es ihm mit allen Mienen
entreisst. 

Aber schon fast in der Stadt brennt ihn plötzlich das Bild wach,
das ihm bei der Abfahrt ins Auge hereinglitt und jetzt in der Hirn-
halle ankommt: 
30 Wie die Wespe reglos im Kaffee liegt,
indes die Schwester, zum langen Leben entschlossen,
vom Mund der Flasche in die Sonnenmilch wegschwimmt.

In: Typoskripte 1955
Samstag, 01 Dezember 1956    (    )

Die Wespen

Zu lange setzte sich die Wespe auf dem Tassenrand der Versuchung
des Dufts aus,
als daß sie nicht schließlich hätte darin umkommen,
hinabstürzen und mit Beinen und Flügeln die Kaffeenacht umrühren
müssen.

Auf dem Mund der Coca-Cola-Flasche – die ich eben bestellte,
05 weil ich die zuckende Agonie nicht einmal ansehen kann,
ohne auch schon den Zweifel, ob ich nicht retten müßte, zu trinken –
zittert die andre Wespe zwischen Lockung und Warnung.

So auch hockt dem Motorschiff, das ganz allein draußen im
gläsernen Sturm blasiert lustfährt,
hinten das Flugzeug gelb auf und weiß noch nicht,
10 ob es sich in die Sonnenmilch stürzen soll:
sie tropft in die Meerenge herab und füllt sich mit Schaum,
so daß das Wasser die Klippen hinaufflieht, Odysseus,
und dann schnell mit zerschundenen Knien zurücksinkt;
nur die Bojendame harrt aus und zeigt dem Schiff,
15 obwohl es sie nicht zu brauchen vorgibt, den Weg durch die Riffe.

Doch im Gliederzucken der einen,
im zitternden Zwiespalt der andern Wespe schaut Platon
– denn ich sitze direkt am Sklavenmarkt, wo man ihn feilhält –
im weißen Schiffwindspiel des attischen Reeders,
20 das seine Wespe durch den Sturmschaum davonträgt,
schaut Platon immer die reine Idee an;
und mitten im Feilschen, wenn ein Bauer ihm fern außen die
Leibwand befühlt,
kostet er nochmals die Tafelgespräche in Syrakus
und die Nachtspaziergänge mit Dion, unverfaulte Orangen. // 111

25 So daß, wenn Amnikeris kommt und ihn freikauft,
er traumtaumelnd in den neuen Rolls-Royce steigt
und sein «Wunderbar» nur gibt, weil jener es ihm mit allen
Mienen entreißt.

Aber schon fast in der Stadt brennt ihn plötzlich das Bild wach,
das ihm bei der Abfahrt ins Auge hereinglitt und jetzt in der
Hirnhalle ankommt:
30 Wie die Wespe reglos im Kaffee liegt,
indes die Schwester, zum langen Leben entschlossen,
vom Mund der Flasche in die Sonnenmilch wegschwimmt.

In: Verstreutes
Datiert: 1957    (    )

DIE WESPEN

Zu lange setzte sich die Wespe auf dem Tassenrand der Ver-
suchung des Dufts aus,
als daß sie nicht schließlich hätte darin umkommen,
hinabstürzen und mit Beinen und Flügeln die Kaffeenacht
umrühren müssen.

Auf dem Mund der Coca-Cola-Flasche – die ich eben bestellte,
05 weil ich die zuckende Agonie nicht einmal ansehen kann,
ohne auch schon den Zweifel, ob ich nicht retten müßte, zu
trinken –
zittert die andre Wespe zwischen Lockung und Warnung.

So auch hockt dem Motorschiff, das ganz allein draußen im
gläsernen Sturm blasiert lustfährt,
hinten das Flugzeug gelb auf und weiß noch nicht,
10 ob es sich in die Sonnenmilch stürzen soll:
sie tropft in die Meerenge herab und füllt sie mit Schaum,
sodaß das Wasser die Klippen hinaufflieht, Odysseus,
und dann schnell mit zerschundenen Knien zurücksinkt;
nur die Bojendame harrt aus und zeigt dem Schiff,
15 obwohl es sie nicht zu brauchen vorgibt, den Weg durch die Riffe.

Doch im Gliederzucken der einen,
im zitternden Zwiespalt der andern Wespe schaut Platon
– denn ich sitze direkt am Sklavenmarkt, wo man ihn feilhält – // 49
im weißen Schiffwindspiel des attischen Reeders,
20 das seine Wespe durch den Sturmschaum davonträgt,
schaut Platon immer die reine Idee an;
und mitten im Feilschen, wenn ein Bauer ihm fern außen die
Leibwand befühlt,
kostet er nochmals die Tafelgespräche in Syrakus
und die Nachtspaziergänge mit Dion, unverfaulte Orangen.

25 Sodaß, wenn Amnikeris kommt und ihn freikauft,
er traumtaumelnd in den neuen Rolls Royce steigt
und sein ‹Wunderbar› nur gibt, weil jener es ihm mit allen
Mienen entreißt.

Aber schon fast in der Stadt brennt ihn plötzlich das Bild wach,
das ihm bei der Abfahrt ins Auge hereinglitt und jetzt in der
Hirnhalle ankommt:
30 Wie die Wespe reglos im Kaffee liegt,
indes die Schwester, zum langen Leben entschlossen,
vom Mund der Flasche in die Sonnenmilch wegschwimmt.

In: Die verwandelten Schiffe 1957
Verstreutes (alph.)
(Total: 157 )
Verstreutes (Datum)
(Total: 157 )
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